Die Hürden der Kommunikation

11 Dinge, die Sie Texterinnen und Textern besser nicht sagen sollten.

RaketeVorab: Ich liebe meinen Job, denn er ist der beste der Welt. Und ich liebe meine Kunden, denn sie sind die besten Kunden der Welt. Doch in 12 Jahren freiberuflichem Texterinnen-Dasein hatte ich auch einige Begegnungen der dritten Art – und ich bekomme hin und wieder auch noch Anfragen, bei denen ich zusammenzucke. Oder sogar in die Tischkante beiße, weil ich nicht explodieren möchte wie eine Rakete. Oder laut anfange zu lachen ;o)) In diesem Blogbeitrag habe ich ein paar kommunikative “Highlights” für Sie zusammengefasst:

1. Ich würde das ja selbst schreiben, aber ich habe gerade keine Zeit.

Eine Formulierung, die ich ausschließlich bei Kolleginnen und Kollegen gelten lasse – denn die haben das gelernt, genau wie ich. Wenn Sie Anwalt, KFZ-Meisterin oder Coach sind, verstehen Sie sich bestimmt exzellent auf Ihre Spezialisierung oder Ihr Handwerk. Aber texten können Sie nicht so gut – genau, wie ich kein Auto repariere, keine Klageschrift verfasse und mich auch nicht selbst coache. Schließlich möchte ich genau wie Sie ein professionelles Ergebnis haben. Dafür brauchen wir professionelle Dienstleister – echte Experten auf ihrem Fachgebiet.

2. Was? So viel Geld für die paar Worte?

Ja, genau so viel Geld. Denn Sie beauftragen Experten in Sachen Kommunikation – und Spezialisten bekommen Sie nie für ein Taschengeld. Unsereins hat in den allermeisten Fällen viele Jahre an einer Universität verbracht und sich dann in Agenturen die ersten Sporen verdient – für ‘nen Appel und nen Ei und inklusive schrecklich vielen Überstunden. Später arbeiten viele von uns als selbstständige Unternehmer und kalkulieren Preise nach Aufwand – und den kennen wir nach so vielen Jahren Erfahrung sehr genau.

3. Können Sie mal schnell zwischendurch diese zwei A4-Seiten überarbeiten?

Hahaha ;o)) Können Sie zwischendurch eine Umsatzsteuervoranmeldung machen? Oder ein Medikament entwickeln? Oder einen Workshop vorbereiten? Nein? Tja, wir Texterinnen und Texter können in den allermeisten Fällen auch nicht “mal eben schnell”. Und das aus zwei Gründen: Erstens haben wir gut zu tun, unsere Tage sind oft schon Wochen vorher verplant. Zweitens erfordert die Auseinandersetzung mit einem Text nicht nur Zeit, sondern auch Know-how. Wenn wir nicht tief im Thema drin stecken, müssen wir uns dieses Wissen anlesen – und zwar bevor wir mit dem Texten loslegen.

4. Ich brauche Texte für meine Website. Ein Konzept? Nein, ein Konzept habe ich nicht.

Liste RotZugegeben, dieser Satz ist mein persönlicher Alptraum. Denn eine informative, gut funktionierende, passende Website setzt die intensive Beschäftigung mit dem Kunden, der Zielgruppe, den Zielen und den Inhalten voraus. Die Festlegung der Navigation und die Benennung der Navigationspunkte ist dabei genau so wichtig wie die Verlinkung der Seiten untereinander. Und auch das Vernetzungspotenzial zwischen On- und Offlinewelten und die vielen Kontaktpunkte müssen genau geplant werden. Also: Ohne Konzept geht es nicht.

5. Puh, das Briefing haben wir gerade so geschafft bis Freitagnachmittag. Den fertigen Text brauchen wir am Montagfrüh. Schönes Wochenende!

Vielen Dank, dass Sie gerade ein fremdes Wochenende verplant haben – denn wir Texterinnen und Texter haben auch Familie, Freunde und Freizeit, genau wie Sie. Verstehen Sie das nicht falsch, in dringenden Fällen arbeiten wir natürlich auch am Wochenende oder nachts für Sie – aber das erfordert eine genaue Absprache und selbstverständlich auch eine gesonderte Bezahlung.  Es lohnt sich also, in die genaue Planung Ihrer Projekte zu investieren und uns nur in echten Notfällen für Nacht- oder Wochenendarbeit hinzu zu buchen.

6. Dem Chef gefällt das nicht. Warum weiß ich auch nicht …

Mal Hand aufs Herz: Was können Sie mit so einem Feedback anfangen? Nichts? Eben. Wir Texterinnen und Texter brauchen mindestens einen Anhaltspunkt, nach dem wir den Text überarbeiten können: Zu lang, zu kurz, zu viel von irgendwas oder zu wenig? Stimmt das Wording nicht? Oder sind es einzelne Formulierungen, die nicht gefallen? Teilen Sie es uns mit – je detailreicher, umso besser. Denn dann sind wir in der Lage zu verstehen, warum dem Chef der Text nicht gefällt. Und wir können in der zweiten Runde einen Text schreiben, der allen gefällt.

7. Ich will genau so einen Text wie Frau Müllermeier ihn auf ihrer Website hat – genau so!

ZwillingspärchenNein, wollen Sie nicht, denn Sie sind nicht Frau Müllermeier und Ihr Unternehmen ist auch nicht der eineiige Zwilling des Unternehmens von Frau Müllermeier. So verschieden wie wir Menschen sind, so verschieden sind auch Unternehmen, Geschäftsstrategien und Zielgruppen – und von diesen Faktoren hängt der Text Ihrer Website ab. Und von noch viel mehr. Briefen Sie also Ihre Texterin oder Ihren Texter möglichst genau und machen Sie sich im Vorfeld schon ganz viele Gedanken über das, was Sie besonders macht – es lohnt sich, Sie werden es hinterher im Text lesen können.

 8. Ich brauche nur so einen Spruch, das geht doch schnell. Und der soll dann überall drauf.

Die Entwicklung eines Slogans gehört zu unseren teuersten Dienstleistungen. Denn für einen Slogan sammeln wir alle Informationen über Ihr Unternehmen, Ihre Ziele, Zielgruppen etc. ein und packen sie in unser Hirn. Dort setzen wir einen Bottich an, der langsam vor sich hin gärt – es steigt einer erste Idee auf, dann eine zweite und eine dritte. Diese Ideen werden neu durchdacht, optimiert und eventuell wieder verworfen – ein komplizierter, nur schwer vorhersehbarer Prozess, der viel Wissen und viel Erfahrung benötigt. Schließlich soll das Extrakt aus dieser Denkarbeit perfekt zu Ihnen passen!

9. Wir würden gerne langfristig mit Ihnen zusammenarbeiten und vorher prüfen, ob Sie zu uns passen. Zu diesem Zweck hätten wir gerne einen Probetext von Ihnen.

Ähhh, nun ja. Die meisten von uns verfügen über Websites, auf denen wir neben dem Angebot auch Referenzen und Arbeitsproben präsentieren. Und wir haben Namen, die googlebar sind. Es ist also sehr einfach, sich ein vollständiges Bild von jemanden aus unserer Berufsgruppe zu machen – und zwar schon vor der ersten Kontaktaufnahme. Gefällt Ihnen der Stil? Hat die Kandidatin oder der Kandidat vielleicht schon für ein anderes Unternehmen aus der Branche gearbeitet und bringt Erfahrungen mit? Sie werden im großen weiten Internet Antworten finden, ich bin mir sicher.

10. Das Satzzeichen macht sich im Layout nicht gut.

Sie kennen doch bestimmt das Opa-Beispiel: “Wir essen, Opa!” und “Wir essen Opa!”. Der Unterschied zwischen einer netten Erinnerung an das Essen und Kannibalismus liegt hier in einem winzigen Satzzeichen. In den meisten Fällen ist unstrittig, ob an eine bestimmte Stelle ein Komma gehört oder nicht – wir können Satzzeichen nämlich nicht nach Belieben hinzufügen oder weglassen, sondern sollten uns an die Empfehlungen des Duden halten. Schließlich möchten Sie doch ohne Missverständnisse von Ihren Kunden verstanden werden, oder?

11. Unsere Zielgruppe? Ja, eigentlich alle.

Ziel rotIch bin mir sicher, dass nicht die ganze Welt Ihre Produkte braucht und kaufen will – denn das ist nicht mal bei einem Grundnahrungsmittel wie Kartoffeln so. Es gibt Menschen, die keine Erdäpfel vertragen oder welche, die diese nur aus ökologischer Erzeugung wollen. Andere wieder kaufen Kartoffeln möglichst günstig ein, die nächsten essen nur eine ganz bestimmte Sorte. Überlegen Sie also im Vorfeld genau, wer Ihre Zielgruppe ist und welchen Nutzen Ihre Zielgruppe von Ihrem Produkt hat – und zwar nicht nur fachlich, sondern auch emotional.

Ich bin mir sicher, dass meine Kolleginnen und Kollegen da draußen noch viel mehr Beispiele haben – denn die Kommunikation zwischen uns Kreativen und den Kunden verläuft nicht immer ganz einfach. Doch mit ein bisschen Verständnis und gegenseitiger Wertschätzung klappt das auch zwischen uns – schließlich sind wir alle Profis in unserem Job und wissen genau, was wir tun. Und wir alle machen unseren Lieblingsjob jeden Tag gerne ;o))

 

Bildquelle: Pixabay

Christa GoedeDie Autorin Christa Goede steckt viel Herzblut und noch mehr Expertenwissen in digitale Unternehmensauftritte: Mit individuellen Texten und Konzepten gestaltet sie Websites und Social Media-Auftritte authentisch. Ihre Erfahrung und ihr Wissen als Texterin, Konzepterin, Social Media-Managerin und Bloggerin teilt sie hier im Blog oder live in Workshops und Vorträgen.
Tel.: +49 (0) 160 – 94 44 19 34, E-Mail: mail@christagoede.de


28 Kommentare zu „Die Hürden der Kommunikation“

  1. Wie immer bringst Du auf den Punkt, was auf den Punkt gehört, Christa. Wunderbar zusammengefasst, danke!

    Ich habe jedes einzelne “Argument” in 15 Jahren freiberuflichem Textertum schon gehört. Anfangs bin ich noch wahlweise an der Menschheit verzweifelnd oder hysterisch kichernd zusammengebrochen, heute habe ich Textbausteine für die Antworten.

    Man lernt. Aber – und das ist die gute Nachricht – die Kunden lernen auch!
    Und die, die sich als argumentationsresistent zeigen, möchte ich als Kunden erst gar nicht haben. Das ist eine super Vorauswahl. Win-win! ;)

    1. Liebe Christa,
      ich stolpere ‘per Zufall’ über deinen Artikel (via DBFG) und musste an einigen Stellen herzlich lachen. Du triffst es auf den Punkt, sage ich aus Kundenperspektive. DANKE!
      Denn auch für mich als selbstständige Expertin (auf anderem Gebiet) ist es nicht immer einfach, bei diesen Geldfragen nicht zu explodieren. Beim Bäcker verhandelt ja auch keiner über den Brotpreis oder? Und in Sachen Weckchen/Brötchen finde ich den Preis für diese Ware exorbitant. ;-)

  2. Alle angesprochenen Punkte sind nachvollziehbar. Jedoch wirkt der Test aus Sicht eines potenziellen Kunden eher als “Anti-Werbung”.

  3. Sehr schön, liebe Christa. Ich unterschreibe bei Punkt 1 -11. Nett auch: “Diese Formulierung geht gar nicht.” “Auf diese Formulierung haben Sie im Briefing doch explizit hingewiesen.” “Ja. Aber wir schreiben sie nicht …”

  4. Hallo Christa,

    herrlich! Ersetze das Wort “Text” mit “Bilder” oder Fotos” und du hast diesen Artikel für mich geschrieben.
    Als hättest du in meine Seele geschaut.

    Danke und liebe Grüße
    Nicole

    1. Hallo Nicole,
      ja, das Phänomen gibt es wohl bei allen kreativen Berufen … sehr schade! Aber mit viel Humor kriegen wir das alle gemeinsam hin ;o))

      Liebe Grüße,
      Christa

    1. Klar behalten wir unseren Humor ;o)) Und es gibt ja auch sooooooooooooo viele tolle Kunden auf der Welt, denen solche Dinge nie einfallen würden!

      Liebe Grüße sendet
      Christa

  5. Großartig…endlich mal jemand der das auf den Punkt bringt. Inklusive Satzzeichen :-) Ich mache fast nichts anderes hausintern und es ist mir ein Graus wenn ich für irgendwelche Dachbleche 24 Stunden gefühlt geschrieben habe und dann die Frage kommt “Was machst du eigentlich den ganzen Tag?”.

    Jeder hat seine Profession und soll meiner Meinung nach in dieser das Beste geben, die anderen entsprechend genauso lassen. Vertrauen führt. Ganz gleich ob im Kunden-Lieferanten-Verhältnis oder bei Mitarbeitern.

    Greetz
    René

  6. Der Beitrag ist wunderbar verfasst. Aber sehr schade, dass die Bilder in Ihrem Beitrag aus einem Portal von kostenlosen Bildern stammen! Denn auch die Fotografen und Illustratoren könnten 11 Hürden nennen, die ihnen täglich das Leben schwer machen, das wohlverdiente Geld für ihre Arbeit zu bekommen. Wo doch Bilder so günstig zu bekommen sind heutzutage. Seit 10 Jahren bin ich mit meiner Bildagentur Pitopia online und von Jahr zu Jahr werden mehr Bilder genutzt, für die niemand zahlen möchten. Wenn jeder dem anderen Berufsstand das Geld für seine Arbeit gibt, dann hätten alle langfristig etwas davon :-)

    1. Hallo,

      das stimmt – ich fühle mich gerade erwischt ;o)) Ich werde gerne mal bei Pitopia vorbeisurfen!
      Danke für den Hinweis!

      Beste Grüße,
      Christa Goede

  7. Hallo Christa,
    ein sehr guter Artikel, der, wie schon angemerkt, nicht nur auf reine Texter zutrifft, sondern zum größten Teil auf die gesamte Werbe- und Marketingbranche. Wir müssen uns eben alle bis zu den Kunden hocharbeiten, die so professionell sind, dass sie unsere Arbeit auch wertschätzen können.

    1. Lieber Michael,

      ja, genau – wir brauchen alle die Kunden, die zu uns passen. Glücklicherweise habe ich diese in so gut wie allen Fällen ;o))

      Liebe Grüße sendet
      Christa

  8. Eigentlich hatten wir ja alle eine 1 in Deutsch, damals vor 40 Jahren ;) Dann können wir auch unsere Website selber texten. Und eigentlich können wir auch ein WordPress installieren. Dann haben wir doch unsere Website. Danke für Deinen Artikel. So viele Leistungen werden vom Kunden nicht richtig eingeschätzt, weil der Maßstab Qualität schwer zu vermitteln ist. Woher soll man auch wissen, dass ein knackiger Slogan wie “Ich bin doch nicht blöd!” bestimmt nicht in 10 Minuten entsteht.

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