Im Interview – Sebastian Freitag

“Wenn ich etwas tue, dann mit Leidenschaft.”

Porträt Sebastian FreitagSebastian kenne ich aus Facebook – oh Wunder! Wir sind uns vor längerer Zeit mal über den Weg gelaufen, vermutlich während einer politischen Diskussion, genau weiß ich das leider nicht mehr. Ich mag seine gradlinige Haltung und seine Art und Weise, seine Meinung respektvoll, geduldig und gleichzeitig überzeugend vorzutragen. Und da mein Papa gebürtiger Friese ist, habe ich ja ohnehin ein Herz und viel Verständnis für die Menschen von der Küste ;-)
Mittlerweile haben wir auch ein gemeinsames Website-Projekt gestemmt, für das ich Teile der Konzeption und die Texte beigesteuert habe – ganz entspannt, wertschätzend in der Kommunikation und immer mit dem Ziel vor Augen, diesen Kunden rund um zufrieden zu machen. Und das ist uns auch ziemlich gut gelungen!
Danke dir, Sebastian, für deine interessanten Antworten.


CG: Du hast zwei berufliche Identitäten: Du bist Geschäftsführer bei VON DER SEE, einer ostfriesischen Werbeagentur. Und du bist Content-Manager bei Upstalsboom, die Hotels und Ferienwohnungen an der Nord- und Ostsee und in Berlin vermittelt und sich für eine wertschätzende Unternehmenskultur starkmacht. Wie managt du diese beiden Jobs? Und wie viel „Sebastian“ kannst du dort jeweils einbringen?

SF: Zwei Jobs ist übertrieben! Mein Vollzeitjob ist VON DER SEE. Dort bin ich einer von drei Geschäftsführern. Mein Schwerpunkt liegt im Online-Marketing – wobei man in einem kleineren Laden eigentlich Tausendsassa ist und grundsätzlich mit keiner Disziplin Berührungsängste hat. Zur Not kriege ich auch noch nen 6-Seiter DIN-lang gesetzt und gestaltet, aber da gibt es im Haus definitiv Bessere! ;-) Grundsätzlich sehe ich mich aber als Digitalberater und Ansprechpartner für Kunden.
Bei Upstalsboom bin ich nicht angestellt, denn Upstalsboom ist mein Kunde. Ich arbeite jetzt aber fast 20 Jahre für das Unternehmen und das nach wie vor mit großem Spaß. Da fühlt man sich nach all der Zeit natürlich irgendwie ein wenig zugehörig ;-).
Im Sommer 2014 haben wir gemeinsam in einem großen Workshop mit zahlreichen Mitarbeitern aus allen Abteilungen und Häusern eine grundsätzliche Strategie festgelegt: Was wollen wir erreichen? Welche Themen sind uns wichtig? Wo wollen wir wie kommunizieren? Seit dieser Zeit kümmere ich mich mit einem Redaktionsteam bestehend aus Upstalsboomern und tollen Mitarbeitern aus der Agentur darum, dass die kleinen Geschichten außen wahrgenommen werden.
Ideen, Meinungen, Denkanstöße und Fragen darf und werde ich immer in allen Jobs stellen. Wenn ich das nicht dürfte, hätte ich nie den Schritt in die Selbstständigkeit gewagt bzw. sehr schnell beendet.

CG: Authentizität ist ein Modebegriff – viele Unternehmen und Selbstständige schreiben sich Echt sein auf die Fahnen. Welche Bedeutung hat Authentizität für dich und deine Arbeit?

SF: Puh. Schwierig. „Echt“ trifft es aber tatsächlich gut. Was aber „echt“ ist, vermag ich nicht zu beurteilen. Ich habe mal auf einem Vortrag auf der Bühne gestanden und gesagt: „Ich erzähle Ihnen jetzt, wie ich persönlich die Dinge sehe. Ich habe die Weisheit nicht mit Löffeln gefressen und irre sicherlich hier und da. Korrigieren Sie mich gern, nur so wird man besser.“ Dazu stehe ich und wer mich privat kennt, der wird feststellen, dass ich beruflich nicht anders bin. Wenn ich etwas tue, dann mit Leidenschaft, auch wenn man das einem Norddeutschen vielleicht nicht immer anmerkt. Was mir wichtig ist: Ich möchte andere mit Respekt behandeln und morgens noch in den Spiegel gucken können, ohne zu denken: „Was‘n das für’n Arsch!“

CG: Warum ist es so schwer für viele Menschen, individuelle Wege zu beschreiten und das zu tun, was uns wirklich ausfüllt?

SF: Kurz? … Die vermeidlich „unendlichen Möglichkeiten“ sind schuld. Da sehe ich einen riesigen Nachteil in den sozialen Medien. Ständig kriegen wir gezeigt, welche Möglichkeiten und Chancen wir haben. Wir bekommen vorgehalten, wie erfolgreich, smart und schön uns die neue Welt machen könnte – und wie cool und hip schon viele geworden sind. Es gibt in Deutschland inzwischen über 19.000 Studiengänge, die zum Teil so spezialisiert sind, dass Unterschiede mit der Lupe gesucht werden müssen. Wie soll man sich da entscheiden, was das Richtige für einen selbst ist?
Hinzu kommt, dass uns die Digitalisierung und Automation ein unbestimmtes Angstgefühl vermittelt: Welcher Job ist schon noch sicher? In welchem Bereich bin ich noch sicher? Sicherheit ist ja ein hohes Grundbedürfnis geworden. Darüber ließe sich endlos philosophieren und debattieren …

CG: Welche Plattformen benutzt du für deinen unternehmerischen Außenauftritt? Verwendest du dort spezielle Stilmittel?

SF: Facebook und Instagram, selten LinkedIn, noch seltener Twitter. Und zwischen 2014-2017 hab ich selbst regelmäßig gebloggt, doch mir bleibt nicht die Zeit und Muße dafür. Zudem hat mich der Aufwand rund um DSGVO dazu bewogen, meine Artikel in unseren Agenturblog zu überführen. Eigentlich wollte ich das Podcasten in 2019 mal angehen … ob es gelingt, muss ich mal sehen.
Ein spezielles Stilmittel verwende ich eigentlich nicht – es sei denn, Dir fällt was auf. Ich versuche mich lediglich „auf den Punkt“ zu halten. Könnte man lakonisch nennen. Oder eben norddeutsch – nicht viel schnacken ;-)

CG: Nach gängiger Definition resultiert Authentizität aus einem Sieg des Seins über den Schein. Doch für mich als Unternehmerin ist es nicht immer einfach zu entscheiden, wie weit meine Echtheit auf professioneller Ebene gehen darf. Wie erlebst du diese Auseinandersetzung? Hat Authentizität Grenzen?

An der NordseeSF: Wenn es Grenzen gibt, dann habe ich sie bislang noch nicht gefunden. Wer mich einen linksgrünversifften Gutmenschen nennen will, bitte sehr. Wer damit ein Problem hat, dass ich überzeugter Europäer bin, nicht jedem hysterischen Marketing-Hype hinterherrenne und auch mal Widerworte habe – damit kann ich gut leben. Ein Grund für meine Selbstständigkeit war, nur für Menschen zu arbeiten, mit denen ich auch arbeiten möchte. Das hat in über 10 Jahren eigentlich bislang sehr gut funktioniert. Ich denke, das hat auch damit zu tun, dass ich mich nicht verbiegen muss, um zu gefallen – das gilt auch für meine Mannschaft.

CG: Mit Authentizität gehen Begriffe einher wie ….

SF: a. Gradlinigkeit – zu seiner Überzeugung und inneren Haltung stehen.
b. Lernfähigkeit – mache ich Fehler, versuche ich daraus zu lernen.
c. Glaubwürdigkeit – Baue für andere keine Luftschlösser, sei ehrlich und bleib auf dem Teppich, ohne deshalb die Fantasie zu kappen.
d. Einfühlungsvermögen – empathisch zu sein ist in der heutigen Zeit ein wesentliches Merkmal von Authentizität. Zumindest für mich. Nur wenn ich bereit bin, mich in jemand anderen hinein zu versetzen, kann ich auch glaubwürdig und offen zum Austausch kommen.

CG: Was glaubst du: Warum wird Authentizität von vielen Menschen ganz besonders geschätzt?

SF: Wir möchten vertrauen können. In einer sich gefühlt immer schneller drehenden Welt gibt Vertrauen Halt. Jemand, der privat wie beruflich ein begründetes und nachvollziehbares „Alles wird gut, ich helfe Dir, so gut ich kann“ rüber bringt, ist – so hoffe ich – ein geschätzter Mensch.

CG: Zum Schluss ein Blick in die Kristallkugel: Welche unternehmerischen Strategien werden in den nächsten Jahren Interesse wecken – und zum Beispiel aus interessierten Menschen Auftraggeberinnen und Auftraggeber machen?

SF: Zukunftsforschung!!! :-D
Ernsthaft – ich weiß ehrlich nicht, ob man in dieser Zeit wirklich langfristige Strategien ins Auge fassen kann. Alle Welt redet von K.I., Blockchain und Co – ich glaube, dass es gut sein wird, ein Navigator zu sein. Verstehe den Kunden und sein Bedürfnis, hilf ihm begründet Entscheidungen zu treffen, sei agil. Was heute klappt, kann morgen schon falsch sein. Ich persönlich glaube an die Chance, die der Schutz der Daten/Persönlichkeitsrechte für Europa bietet. Wollen wir das, was in China (gruseligerweise) inzwischen möglich ist? Nein. Ich glaube wir wollen uns zwar Technik und Digitalisierung zunutze machen, ohne uns ausspioniert zu fühlen.
Einfach gesprochen: Der Staubsauger-Roboter ist uns willkommen. Ein Roboter oder Automatismus, der komplexe Dinge besser macht als wir, macht uns Angst. Das ist ein Grund, warum ich glaube, dass die Akzeptanz von Google und Facebook deutlich nachlassen wird. Unsere Zukunftsprojekte in der Agentur gehen klar in die Richtung „eigene Digitalisierung vorantreiben“. Wir wollen Städten dabei helfen, eine eigenständige digitale Infrastruktur aufzubauen, in der Bürger, Gäste, Verwaltung und Unternehmen einen gemeinsamen Nutzen finden werden. Das Schlagwort ist sicherlich „Smartcity“, wobei wir diesen Begriff inzwischen zu technokratisch besetzt sehen. Technik sollte immer nur Mittel zum Zweck sein. Viel spannender und nachhaltiger ist es doch aber das Angeln zu lehren, statt den Fisch zu verkaufen. … Was das im Detail bedeutet würde jetzt aber sicherlich an dieser Stelle den Rahmen sprengen. ;-)

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Bildquellenangabe: Sebastian Freitag

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