7 miese Scheinargumente – und wie du ihnen begegnen kannst.
Stell dir vor: In einer Facebook-Gruppe sucht jemand eine Möglichkeit, alte Pelze sinnvoll zu verwerten. In den Antworten zu dieser Frage wimmelt es nur noch von Scheinargumenten. Jetzt bitte staunen: Es ging um linksgrüne Spinner und Tierschützer jeder Couleur, die Pelze mit Farbe versauen. Um FridayforFuture, die alle keine Ahnung haben von Wissenschaft und die deutsche Wirtschaft zerstören. Um Schweizer, die sonntags Katzenbraten servieren. Und natürlich um Chinesen, die ALLE Hunde essen.
Es ging in dieser Aneinanderreihung von Scheinargumenten auch darum, dass es ja gar nicht bewiesen wäre, dass die Pelze aus Zuchtfarmen stammen – schließlich würden Nerze und Füchse auch eines natürlichen Todes sterben. Und darum, dass eine Verschiebung der Erdachse den Klimawandel verursacht und nicht die Menschen. Echt jetzt. Wenn du nun mit den Augen rollst kann ich das gut verstehen. Denn ich bin auch aus dem Staunen nicht mehr raus gekommen. Außerdem habe ich die ganze Zeit darauf gewartet, dass diese Trolle auch noch das Wort “Flüchtlinge” als Sprachkeule verwenden.
Solche vollkommen eskalierten Stränge lese ich im Nachgang oft noch mal intensiv durch. Denn ich möchte verstehen, welche Methoden und Scheinargumente hier angewandt wurden. Wie die Trolle dieses Gespräch und damit jeden Austausch von Informationen und Argumenten kaputtgemacht haben. Dabei fallen mir immer wieder diese sieben miesen Argumentations-Keulen auf:
Keule 1 – die Schein-Rationalität: “Das sagt mir der gesunde Menschenverstand!”
Hier wird eine persönliche Sicht der Dinge zu einer Art allgemeingültigen Wahrheit erklärt. Ein solches “argumentum ad iudicium” dient zumeist dazu, die eigene gefühlte Wahrheit zur Lösung eines Problems zu machen. Ein Vorhaben, das nicht funktionieren kann, da subjektives Empfinden nur in den seltensten Fällen auf andere Menschen übertragbar ist. Ganz nebenher unterstellt dieses Scheinargument auch noch, dass jemand, der anderer Meinung ist, keinen gesunden Menschenverstand hat. Die gedankliche Verbindung zu einem Krankheitsbild ist da nicht mehr weit.
Dein Gegenmittel: Mache darauf aufmerksam, dass hier mit einer Schein-Rationalität argumentiert wird. Versuche, die Diskussion wieder in Richtung Fakten zu lenken und dich nicht auf diesen subjektiv geprägten Argumentationsstil einzulassen.
Keule 2 – schlechte Motive unterstellen: “Du wirst doch bezahlt!”
Bei diesem miesen Argumentations-Typ werden pauschal unlautere Motive unterstellt: Die Adressatin oder der Adressat würde sich ja nur für dieses Thema engagieren, weil ersiees Geld dafür kriegen würde. Mit diesem Scheinargument wird systematisch versucht, das Ansehen anderer Menschen zu beschädigen und diese so unglaubwürdig erscheinen zu lassen. Diese Gesprächsstrategie kommt oft zum Einsatz, wenn jemand nicht mehr weiter weiß.
Dein Gegenmittel: Stelle klar, dass hier versucht wird, dein Ansehen zu beschädigen. Frage, ob es noch Sachargumente gibt – wenn nicht, verlasse die Diskussion, denn ab diesem Punkt ist es fast immer sinnlos.
Keule 3 – der Nazivergleich: “Alle, die sich gegen Nazis engagieren, sind die neuen Nazis!”
Da bleibt mir regelmäßig die Luft weg! Wie kann man nur ernsthaft Antifaschisten – also Menschen, die sich gegen Nazis und deren menschenverachtendes Weltbild engagieren – als “neue Nazis” bezeichnen! Oder Personen, die bei FridayforFuture mitlaufen und sich für den Klimaschutz engagieren, als Faschisten. Das zeigt nur, dass derjenige, der solche Scheinargumente tippt, nicht die geringste Ahnung von Geschichte hat. Und mit diesen ekelhaften Sätzen auch noch das Dritte Reich relativiert.
Dein Gegenmittel: Beende sofort die Diskussion mit dem Hinweis auf mangelnde Geschichtskenntnisse. Nach meiner Erfahrung geht es den Absendenden solcher Sprüche ohnehin nicht um eine echte Diskussion.
Keule 4 – die Angst-Argumentation: “Wegen FridaysforFuture sind Arbeitsplätze in Gefahr!”
Mit diesem “Argumentum ad metum” sollen gezielt Ängste geweckt werden: Weil Jugendliche sich mit FridaysforFuture für die Einhaltung des Pariser Klimaschutzabkommens einsetzen, werden Menschen ihren Job verlieren. Ja, das ist mit ziemlicher Sicherheit richtig. Aber das liegt nicht daran, dass sich die Kids engagieren. Sondern daran, dass wir alle uns nicht freiwillig klimafreundlicher verhalten. Hier wird es nicht ohne Gesetze gehen, die dann natürlich auch Konsequenzen haben. Gleichzeitig entstehen aber so auch neue Chancen: Was wäre denn so schlecht daran, wenn in Zukunft “Made in Germany” für klimaneutrale Technologien stehen würde?
Dein Gegenmittel: Dieses Angst-Argument solltest du ernst nehmen und gleichzeitig auf die Chancen hinweisen. Schließlich ist das Automobil in Deutschland erfunden worden. Warum also nicht auch die nächste Mobilitäts-Innovation?
Keule 5 – der persönliche Angriff: “Du Tussi bist linksgrün versifft, du hast doch eh keine Ahnung!”
Mit dieser Art von Scheinargumenten wird jemand gleich auf mehrere Arten persönlich angegriffen: wegen des Geschlechts, der politischen Meinung und wegen des angeblich nicht vorhandenen Fachwissens. Ein solches “Argumentum ad personam” hat nur den Zweck, das Gegenüber zu verletzen und nach Möglichkeit in die Flucht zu schlagen. Menschen, die derartige Sätze loslassen, sind nicht an einer echten Diskussion interessiert, sondern wollen das Gespräch zerstören.
Dein Gegenmittel: Decke diese Systematik auf und beende die Diskussion. Wähle dafür einen möglichst neutralen Tonfall und kontere auf keinen Fall mit einem persönlichen Gegenangriff.
Keule 6 – der Strohmann: “Du bist für Klimaschutz. Du bist also für höhere Steuern!”
Mit diesem Argumentations-Stil versucht jemand, ein neues Argument zu finden, das leichter zu widerlegen ist als das Ursprungs-Argument – in diesem Fall der Klimaschutz. Gegen Klimaschutz kann schließlich niemand ernsthaft sein, gegen Steuererhöhungen aber schon. Doch Steuererhöhungen waren gar nicht das Thema der Diskussion. Die Steuererhöhungen dienen nur dazu, das ursprüngliche Thema Klimaschutz negativ zu verzerren oder sogar zu widerlegen.
Dein Gegenmittel: Versuche, die Diskussion wieder zurück zum Ursprungsthema Klimaschutz zu lenken. Steuererhöhungen sind vielleicht eins von ganz vielen Resultaten aus mehr Klimaschutz, aber im Moment geht es nicht darum.
Keule 7 – Whatsaboutism: “Wir können die Erde nicht retten. Denk nur mal an China!”
Zu diesem Scheinargument fällt mir ein Sprichwort ein: Jeder Mensch soll vor seiner eigenen Tür kehren. Denn nur dort können wir wirklich etwas bewirken. Besonders merkwürdig an dieser Art zu argumentieren finde ich, dass sich hier an viel niedrigeren Standards orientiert wird. Während es im restlichen Leben immer darum geht, mehr zu haben, mehr zu erreichen und mehr zu wollen und sich besser zu präsentieren. Was spricht denn dagegen, voranzugehen beim Klimaschutz? Vielleicht sogar in die erste Garde aufzusteigen?
Dein Gegenmittel: Auch hier solltest du die Ablenkung vom Ursprungsthema aufdecken und dann wieder zum eigentlichen Thema zurückkehren. Auch ein freundlicher Hinweis auf die eigene Tür kann nicht schaden. Manchmal klappt das.
Kennst du noch weitere dieser grässlichen Scheinargumente? Oder hast du noch mehr Gegenmittel zu den 7 unfairen Waffen, die ich in diesem Blogartikel genannt habe? Ich freue mich auf Ergänzungen und Tipps. Und wenn du mehr über die merkwürdigen Typen erfahren willst, die die Social Media-Kanäle bevölkern UND dabei lachen willst, empfehle ich dir meinen Blogbeitrag Kommentare in Social Media – eine Typologie. Zum doch eher unschönen Thema passt auch mein eher ernster Artikel Umgang mit Trolls. Noch ein Lesetipp: Bei Wikipedia findest du noch viele weitere Typen von Argumenten.
Zum Abschluss etwas Persönliches: Ich finde es wichtig, dass sich möglichst viele Menschen gegen den Hass und Blödsinn im Internet positionieren. Auch wenn das die Gefahr birgt, selbst in den Fokus dieser Trolle zu geraten. Lasst uns einfach viele sein, denn die Masse schützt auch jeden von uns ;o) Danke für dein Engagement!
Du suchst Texte, Websites und Workshops ohne Werbe-Blabla? Prima, du hast mich gefunden! Gemeinsam mit dir entwickele ich deinen authentischen Markenauftritt, der zu deinem Unternehmen und deinen Zielgruppen passt.
Du möchtest lieber viel selbst machen? Nutze meine Workshops als Rampe zum Durchstarten.
Bildquellenangabe: Pixabay
Danke Christa für Deinen Beitrag.
Danke, Alex, fürs Lesen ;o)
Danke Christa für das Bewusstmachen von Scheinargumenten. Sie sind eine der Kommunikations-sperren nach Thomas Gordon – andere mit Argumenten, sprachlos zu machen. Da geht es ja nicht um Austausch, gegenseitiges Verstehen und Verbindung, sondern, wie du es auch visualisiert hast, mit der verbalen Keule um sich zu schlagen.
Danke dir.
Das Thema beschäftigt mich sehr, liebe Birgit ;o) Danke für den Recherchetipp!
Liebe Grüße sendet
Christa