Im Interview – Heidi Veit-Gönner

“Entscheiden heißt auch mal verzichten.”

Heidi in der gönnerin Heidi Veit-Gönner kenne ich – raten Sie mal, Sie kommen nie drauf ;-) – aus dem Internet: Thorsten von [Blickfang] event design geht bei der “gönnerin” öfter mal Mittag essen, und so tauchte Heidi in meiner Timeline auf Facebook auf. Daraus ergab sich schnell ein schöner Kontakt! Leider viel zu selten fahre ich selbst nach Bodenheim, um bei Heidi zu essen – dabei ist es dort immer sooooooooooo lecker!
Heidi hat mir imponiert, weil sie ihr Geschäft mit einer Art intensiven Leichtigkeit führt: Sie ist stets präsent, hat eine sehr warme Ausstrahlung, macht ihren Job ganz offensichtlich sehr gerne und schafft es so, dass sich alle bei ihr wohlfühlen. Mittlerweile kenne ich ihre gesamte coole Familie, und wir lesen uns beinahe täglich auf Facebook. Ich komme demnächst mal wieder bei dir vorbei, Heidi – versprochen!


CG: Authentizität wird gerade zu einem Modebegriff – immer mehr Unternehmen schreiben sich Echt sein auf die Fahnen. Welche Bedeutung hat Authentizität für dich und deine Arbeit?

HVG: So, wie „echte Kräuter“ und „echte Tomaten“ bei Maggi-Fix? Ach, mit Moden habe ich ja so meine Probleme, jeder rennt einem Trend hinterher. Genau da geht’s mit der Echtheit nämlich los: Mache ich das wegen mir oder wegen den anderen? Kann man ohne „Echtheit“ ein Unternehmen dauerhaft und mit Herzblut führen? Also ich nicht. Auch wenn jedes Wochenende dabei drauf geht, freie Zeit und Urlaub auf der Strecke bleiben. Ohne mein ganzes Ich könnte ich so nicht arbeiten. Mein Laden bin ich – auch deshalb habe ich keine Filialen gegründet. Denn ohne mich ist der Laden nicht Ich.

CG: Welche Plattformen benutzt du für deinen unternehmerischen Außenauftritt? Verwendest du dort spezielle Stilmittel?

HVG: Außer meiner Fanpage auf Facebook und wöchentlichen Mails mit meiner Wochenkarte nutze ich keinerlei Medien für meinen Außenauftritt. Doch Facebook nutze ich konsequent und mehrmals in der Woche mit Fotos meiner Gerichte und teilweise auch mit mir. „die gönnerin“ bin ich und das soll so auch rüberkommen – ich nehme mir meinen eigenen Stil heraus. Mittlerweile sage ich voller Selbstbewusstsein: „Entscheiden heißt auch mal verzichten“. Und ich versuche, Gelassenheit auszustrahlen: Die Menschen sollen sich bei mir wohlfühlen, einfach gut aufgehoben. Und sie sollen spüren, dass ich nur ihr Bestes will. Und dabei denke ich nicht (nur) an deren Geld.

CG: Du betreibst ein Bistro in Bodenheim. Bei dir gibt es zur Mittagszeit Suppen, Salate und Kuchen – alles ganz furchtbar lecker. Außerdem bist du „die Heidi“: Jeder, der dein Geschäft betreten hat, kann sich an dich erinnern. Wie wichtig ist deine Person für dein Geschäft?

Heidi trinkt KaffeeHVG: Ich fürchte, ich bin unersetzbar, zumindest auf längere Zeit gesehen. Als ich über Filialen nachgedacht habe, habe ich die Idee ganz schnell verworfen, weil die Kunden gezielt nach mir fragen, wenn ich mal nicht da bin. Ganz lustig: Scheinbar denken viele, dass bei mir konsequent geduzt wird und sie machen das ungefragt. Das ist ok und schmeichelt mir meistens. Das Problem ist die dabei entstehende Transparenz: Viele wissen mehr über mich als mir recht ist. Und manche Gäste sind verwirrt, weil es bei uns recht locker und wirklich meistens sehrsehr freundlich zugeht. Ich spiele eine mir angenehme Rolle, damit es meinen Gästen gut geht, ohne mich allzu sehr zu verstellen (es geht aber auch keinen etwas an, wenn es mir mal nicht so gut geht).

CG: Was glaubst du: Warum ist es für manche Menschen so schwer, individuelle Wege zu beschreiten und zu den Facetten ihrer Persönlichkeit zu stehen?

HVG: Weil es einfacher ist, keine individuellen Wege zu gehen? Franchise käme z. B. gar nicht für mich infrage! Und (meistens) kann ich mir auch eine Rückkehr in ein Angestelltenverhältnis nicht vorstellen – obwohl es oftmals einfacher wäre. Individuelle Wege erfordern Geduld, Kraft, Konzentration, Selbstbewusstsein, Freude, Disziplin, Kreativität und die Bereitschaft, sich treu zu bleiben – aber auch immer etwas neu zu erfinden. Genau so macht man sich verwundbarer.

CG: Nach gängiger Definition resultiert Authentizität aus einem Sieg des Seins über den Schein. Doch für mich als Unternehmerin ist es nicht immer einfach zu entscheiden, wie weit meine Echtheit auf professioneller Ebene gehen darf. Wie erlebst du diese Auseinandersetzung? Hat Authentizität Grenzen?

HVG: Aber sicher. Das macht auch angreifbar. Viele meiner Gäste bekommen auch von meinem Privatleben mehr mit, als mir lieb ist. Diese Grenze erst mal zu definieren und dann zu ziehen ist nicht leicht.

CG: Mit Authentizität gehen Begriffe einher wie …

HVG: a. Sich nicht verstellen (müssen),  b. Mein eigenes Ding durchzuziehen, so weit es geht, c. Mein Umfeld spüren zu lassen, dass ich es ernst und „gut“ meine.

CG: Zum Schluss ein Blick in die Kristallkugel: Welche unternehmerischen Strategien werden in den nächsten Jahren Interesse wecken – und zum Beispiel aus Interessenten Käufer machen?

HVG: Es fällt mir schwer, für die Zukunft zu planen: Ich muss auf jeden Fall versuchen, meine Präsenz im Laden zu reduzieren und bestimmte Aufgaben abzugeben. Eigentlich wollte ich nie die Dimension erreichen, dass ich Mitarbeiter einstelle … das ist schon seit einiger Zeit vorbei. Mein Weg wird aber wohl in die andere Richtung gehen: Das Ausliefern werde ich ausbauen, das Frühstücksangebot ausweiten, das Catering wird auch weiterlaufen, da gibt es ein paar Interessenten für weitergehende Zusammenarbeit.

CG: Danke dir, liebe Heidi, für diesen spannenden Blick in deine Unternehmerinnen-Philosophie!


 

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Bildquellenangabe: Heidi Veit-Gönner

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