Im Interview – Bianca Gade

“Authentizität zahlt sich immer aus.”

Bianca-wandernBianca kenne ich gefühlt 1.000 Jahre ;-) Wir sind uns vor langer Zeit auf Facebook über den Weg gelaufen – vermutlich im Zusammenhang mit den Digital Media Women, bei denen wir beide netzwerken. Außerdem kennen wir uns live und in Farbe von diversen BarCamps, die Bianca nämlich genau so gerne besucht wie ich. Mit ihr babbeln ist pures Vergnügen!
Bianca führt ein spannendes Leben: Auf der einen Seite macht sie einen super Job als Head of Communications in einer Unternehmensberatung, auf der anderen Seite trinkt sie in Schweden Kaffee auf Bäumen, verliert ihr Herz in Slowenien und beobachtet, wie sich Fels und Wasser an der Donau küssen. Und wenn du jetzt wissen willst, was es damit auf sich hat, klickst du einfach auf ihr Outdoor-Blog “lebedraussen!”.
Danke für deine tollen Antworten, liebe Bianca!


CG: Viele Outdoor-begeisterte Menschen kennen dein Blog „Lebe draußen“. Und vielleicht haben sie über dich in der Süddeutschen Zeitung gelesen oder im Saarländischen Rundfunk Fernsehen (ARD) gesehen, wenn du über deine Erlebnisse als „Wanderbloggerin“ und TV-Moderatorin berichtest oder schöne Wanderstrecken vorstellst. Und dann bist du auch noch Head of Corporate Communications bei einer Saarbrückener Unternehmensberatung und twitterst als @ChiliConCharme über Marketing und New Work. Wie passen all diese Rollen zusammen? Und wie viel „Bianca“ steckt in den einzelnen Rollen?

BG: Rollen passen nur dann zusammen, wenn wir sie nicht als Rollen erkennen. Dazu eine kleine Geschichte: 2013 war ein schwieriges Jahr für mich – ich steckte in einer Krise. Alles war perfekt, doch ich fühlte mich leer. Als neugieriger Mensch, der gerne Neues anpackt, war ich gefangen in der Routine – alles ödete mich an und ich fantasierte darüber, ein Jahr ins Ausland zu gehen oder auszuwandern. Doch ging das privat nicht – ein Teufelskreislauf. Bis zu dem Tag, als ich das Buch von Barbara Sher in die Finger bekam: „Du musst dich nicht entscheiden, wenn du tausend Träume hast“. Das öffnete mir die Augen und ich entschied, mir eine 3-monatige Auszeit zu nehmen, um zu mir selbst zu finden.
Am 23. Mai 2014 stieg ich in die Maschine nach Brasilien, wo ich drei Monate lang das Land erkundete. Mit im Rucksack immer mit der Frage: „Was wolltest Du schon immer im Leben getan haben?“. Diese Konfrontation mit mir selbst, lies mich viele Träume verwirklichen und erkennen, WER ich bin, WAS ich liebe und schließlich auch, WIE ich glücklich werde. Das war die Geburt von lebedraussen!, wo ich auch heute noch über verwirklichte Träume schreibe, damit sich meine LeserInnen inspiriert fühlen. Das war der Start als Outdoor-Bloggerin und kurz darauf der Start als TV-Moderatorin „Wandern nach Jahreszeiten“ beim SR. Doch da gibt es noch eine andere Seite:
Im Herzen liebe ich aber auch meinen Beruf und ich würde mich immer für eine Aufgabe entscheiden wollen, wo ich neugierig, experimentierfreudig und selbstbestimmt sein darf. Darum denke ich: Eine Rolle macht keinen Menschen aus. Der Mensch selbst ist es: durch seinen Charakter, seine Persönlichkeit, seine Vorlieben und Träume. Daraus entstehen Rollen, und bei mir zufällig mehrere von ihnen. Ziemlich sicher wird sich die eine oder andere Rolle im Laufe der Jahre ändern oder ganz wegfallen, doch das Selbst wird nie verschwinden. Das formt sich weiter durch Erfahrungen und wächst in neue, spannende Rollen rein. Deshalb steckt „Bianca“, immer zu 100 % in jeder einzelnen davon.

CG: Authentizität ist ein Modebegriff – viele Unternehmen und Selbstständige schreiben sich Echt sein auf die Fahnen. Welche Bedeutung hat Authentizität für dich und deine Arbeit?

Bianca Gade - Packraft-Kajak-fuer-den-RucksackBG: Authentizität bedeutet alles für mich, denn es ist die Vertrauensbasis für ehrliche Berichterstattung. Authentizität bedeutet gleichzeitig auch Ehrlichkeit gegenüber sich selbst und einhergehend wenig Bereitschaft, sich zu verbiegen. Unter Umständen bedeutet das auch, einen Auftrag nicht anzunehmen und auf die Pressereise oder die Anzeige zu verzichten. Mittel- und langfristig gesehen ist diese Strategie jedoch genau die richtige: Nur so entstehen die Ecken und Kanten einer Charaktere, die nicht wie viele andere im selben Teich planschen, sondern ihren eigenen Pool haben.

CG: Warum ist es so schwer für viele Menschen, individuelle Wege zu beschreiten und das zu tun, was uns wirklich ausfüllt? 

BG: Ich bin mir nicht mal sicher, ob es wirklich so vielen Menschen schwerfällt – vielleicht machen sie es nur auf ihre Weise. Vielleicht fällt es uns schwer, diese individuellen Wege zu sehen. Aus meiner Sicht ist so oder so aber vor allem eins wichtig: Zu wissen, was man will. Das klingt profan, doch gefühlt fällt das vielen schwer. Auch ich hatte mich vor einigen Jahren noch viel zu oft gefragt, was ich vom Leben möchte. Als Vielinteressierte war das oben genannte Buch ein Augenöffner, denn die Erkenntnis war daraus: ich kann alles tun, wonach mir ist – nur meine Prioritäten und Verpflichtungen bilden den Rahmen darum. Ich bin überzeugt davon, dass jeder mit entsprechender Vorstellung davon, was er möchte, alles erreichen kann.

CG: Welche Plattformen benutzt du für deinen unternehmerischen Außenauftritt? Verwendest du dort spezielle Stilmittel?

BG: Die Plattformauswahl orientiert sich hauptsächlich an meinen persönlichen Vorlieben und andererseits an kurz-, mittel- und langfristigem Nutzen für den Blog. Ich nutze, wie so viele, WordPress und lege Wert darauf, selbst zu hosten – einfach der Unabhängigkeit von Plattformen-Betreibern wegen. Kurzfristiger aber nicht weniger wichtig, hingegen, sind Facebook und Twitter. Wir kennen das: Einmal was gepostet, ist es in wenigen Minuten schon verschwunden. Instagram nutze ich so gut wie nicht: erstens, weil der Nutzen für´s Blog weg fällt (darüber kommt niemand) und zweitens ist mir das Konzept zu unehrlich. Das beginnt bei den „Influencern“ und geht über gekaufte Follower und Linkes. Wohingegen ich noch Pinterest vor einem Jahr für mich entdeckte und hier eine Plattform habe, die langfristig den Erfolg auf lebedraussen! sichert.

CG: Nach gängiger Definition resultiert Authentizität aus einem Sieg des Seins über den Schein. Doch für mich als Unternehmerin ist es nicht immer einfach zu entscheiden, wie weit meine Echtheit auf professioneller Ebene gehen darf. Wie erlebst du diese Auseinandersetzung? Hat Authentizität Grenzen?

Bianca Gade Slowenien-Trekking-mit-ZeltBG: Im Grunde sollte sie keine Grenzen haben, doch ob das was nützt oder eher schadet, weiß man hinterher erst. Bei UnternehmerInnen oder Angestellten kann zu viel Authentizität den Verlust eines Kunden oder des Arbeitsplatzes bedeuten – das ist schlimmstenfalls existenzbedrohlich. Hier wäre meine persönliche Grenze – muss man allerdings auch abwägen, denn: Was wäre, wenn ich mit dem Kunden oder Arbeitgeber dadurch (mehr) Probleme hätte? Wer sich verbiegt, kann seelisch leiden und das bedeutet manchmal, einen mindestens ebenso hohen Preis zu bezahlen. Letztendlich muss sich jeder selbst seine Grenzen abstecken, doch aus persönlicher Erfahrung kann ich raten: Authentizität zahlt sich immer aus.

CG: Mit Authentizität gehen Begriffe einher wie ….

BG: a. Konsequenz: Wischiwaschi iss nich. Deine Entscheidung, Dein Leben.
b. Respekt: Erkenne! Du bist nicht der Nabel der Welt – und andere haben auch (verdammt) gute Ideen und ein Recht auf Meinung und Entscheidung.
c. Mut: Manchmal ist Mut gefragt, um sich selbst zu sein.
Diese Begriffe gehören für mich untrennbar zusammen, weil sie Ecken und Kanten verleihen. Die muss nicht jeder mögen – und genau darum geht´s.

CG: Was glaubst du: Warum wird Authentizität von vielen Menschen ganz besonders geschätzt?

BG: Kurz gesagt: Weil sie auch die verletzliche Seite eines Menschen zeigen: irgendwie unperfekt, perfekt. Das macht neugierig, wirkt nahbar, unterhält auch durch persönliche Geschichten, weil Emotionen geweckt werden. Wer könnte da widerstehen?

CG: Zum Schluss ein Blick in die Kristallkugel: Welche unternehmerischen Strategien werden in den nächsten Jahren Interesse wecken – und zum Beispiel aus Interessierten Käuferinnen und Käufer machen?

BG: Ich beobachte die positive Entwicklung hin zur Natur: Sehr viel Achtsamkeit aus Respekt zur Umwelt wächst – zumindest sehe ich das in den deutschsprachigen Ländern. Das Gefühl zu haben, mit einem Kauf auch etwas Gutes zu tun – oder zumindest nichts Schlechtes – hat für den Menschen einen immer höheren Wert. Ich denke daher, dass Unternehmen – sei es in der Industrie, in der Touristik oder in anderen Branchen – nur gewinnen können, wenn sie das konsequent (kein Marketing-Blah-Blah), respektvoll (von Natur und Umwelt aus gedacht) und mutig (anders machen als die anderen) diesen Wert in ihre Produkte und Dienstleistungen fließen lassen. Also: Authentisch durch und durch!

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Bildquellenangabe: Bianca Gade

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