Im Interview – Gesa Füßle

“Echtsein führt zu echtem Spaß bei der Arbeit.”

Gesa Füßle PortraitGesa ist eins der vielen echten Originale im Texttreff, meinem liebsten und weltbesten Netzwerk: Gesa ist direkt, konkret, hat ganz viel Humor und weiß immer sehr genau, was sie will und was nicht. Gleichzeitig ist sie tatkräftig und streitbar, engagiert sich für andere Menschen und weiß über ihre beruflichen Spezialgebiete so richtig gut Bescheid. Und sie kann sehr gut Dinge erklären. Außerdem ist sie nie abgeneigt, eine dufte Party zu feiern – genau wie ich ;o)

Was mir an ihrem Interview besonders gut gefällt, ist ihr Bekenntnis zum Spaß: Für uns beide ist der Funfaktor unserer Arbeit sehr wichtig. Diese spezielle Arbeitsauffassung ist in Deutschland leider noch recht selten, denn Arbeit ist für viele Menschen nur das, was quält. Das, wo man morgens ungern hingeht. Das, wo man froh ist, wenn um 17 Uhr der Hammer fällt und man endlich in sein eigentliches Leben durchstarten kann. Wäääää … so wollen Gesa und ich nicht arbeiten. Und wir müssen das auch nicht – was unter anderem mit unserer Authentizität zu tun hat. Lest am besten einfach selbst:


CG: Du bist Lektorin und Übersetzerin – außerdem veranstaltest du Sütterlin-Workshops, in denen du Menschen beibringst, das Gekricksel der Großeltern und Urgroßeltern zu lesen. Wie bringst du diese doch sehr verschiedenen Angebote unter einen Hut?

GF: Für mich ist das alles eigentlich ein und derselbe Hut, ich wechsle höchstens die Farbe der Schleife. Alles, was ich tue, hat in irgendeiner Form mit Text zu tun. Und mit dem Verständlichmachen von Text. Sei es, dass ich ihn durchs Lektorat – also durch das Eingreifen in den Text selbst – verständlicher mache. Sei es, dass ich ihn durch die Übersetzung für ein Publikum zugänglich mache, das die Ausgangssprache nicht versteht. Oder aber sei es, dass ich Personen helfe, Texte zu lesen, die ihnen bisher wegen ihrer irritierenden Optik verwehrt waren.

CG: Authentizität ist ein Modebegriff – viele Unternehmen und Selbstständige schreiben sich Echtsein auf die Fahnen. Welche Bedeutung hat Authentizität für dich und deine Arbeit?

GF: Meine Beobachtung ist, dass gerade die Freiberufler*innen sich ungern verstellen. Zu denen gehöre auch ich. Ich finde es anstrengend, meinen Charakter oder meine Art unterzuordnen. Das bedeutet natürlich auch, dass ich nicht zu allen potenziellen Kund*innen passe. Das führt zu einer natürlichen Selektion. Übrig bleiben diejenigen darunter, mit denen die Arbeit wirklich Spaß macht. Das Echtsein führt also zu echtem Spaß bei der Arbeit.

CG: Warum ist es so schwer für viele Menschen, individuelle Wege zu beschreiten – und das zu tun, was uns wirklich ausfüllt?

GF: Weil es Verantwortung mit sich bringt. Wenn ich einen sicheren, aber langweiligen Job hinschmeiße, um das zu tun, was mich erfüllt, gehe ich ein Risiko ein. Finanziell, aber auch ganz grundsätzlich. Wenn meine Träume sich nur schwer oder langsam erfüllen lassen, brauche ich einen langen Atem. Und ich habe niemanden, dem ich zumindest eine Teilschuld unterjubeln kann, wenn es nicht klappt: Ich bin selber schuld. Wenn man das Risiko dann aber doch eingeht, wird man feststellen, dass es relativ leicht ist, Mitstreiter*innen mit gleichen oder ähnlichen Zielen zu finden. So entstehen sehr stabile und nützliche Netzwerke, die einen dann eben doch stützen.

CG: Welche Plattformen benutzt du für deinen unternehmerischen Außenauftritt? Verwendest du dort spezielle Stilmittel?

Gesas BücherschrankGF: Ich habe eine Website, die mich gut widerspiegelt. Wer mich nach dem Lesen der Texte noch mag, ist bei mir richtig. Man trifft mich quasi non-stop in den sozialen Medien – Facebook, Twitter, neuerdings auch Instagram -, wo ich so bin, wie ich eben bin. Das hat mir auch schon Kund*innen eingebracht. Außerdem blogge ich über mein Leben (und das meiner Großmutter, wenn ich ihre alten Briefe abtippe) und manchmal über Bücher. Ich blogge, weil es mir Freude macht. Dass meine Texte auch anderen gefallen, ist ein willkommener Bonus.

CG: Nach gängiger Definition resultiert Authentizität aus einem Sieg des Seins über den Schein. Doch für mich als Unternehmerin ist es nicht immer einfach zu entscheiden, wie weit meine Echtheit auf professioneller Ebene gehen darf. Wie erlebst du diese Auseinandersetzung? Hat Authentizität Grenzen?

GF: Ja, klar. Wenn es um Negatives geht. Ich sage auch der nervigsten Person, die mich bezahlt, nicht einfach, dass ich sie für ein dummes Arschloch halte. Die Konsequenzen ziehe ich, wenn der Auftrag abgeschlossen ist: indem ich keinen neuen Auftrag von diesem Menschen annehme. Aber das passiert höchst selten. Und, ganz ehrlich: in gegenseitigem Einvernehmen. Die andere Seite ist dann doch meistens nicht so dröge, dass sie gar nicht merkt, dass die Zusammenarbeit nicht funktioniert. Und natürlich muss auch das Netz nicht alles über mich wissen. Es ist völlig logisch, dass man selbst lieber von Erfolgen als von Missgeschicken berichtet. Das ist wie im richtigen Leben – meinem Nachbarn erzähle ich doch auch eher Positives, wenn wir uns übern Zaun unterhalten. Aber auch ich habe schon von Rückschlägen berichtet. Und das war dann auch gut so und hat mir kein negatives Feedback eingebracht. Trotzdem: Es braucht Traute und man muss mit Nachfragen umgehen können.

CG: Mit Authentizität gehen Begriffe einher wie ….

GF:
a. Ehrlichkeit. Auch, wenn mir ein Auftrag dadurch durch die Lappen geht, sage ich vorher, wenn ich glaube, dass etwas meines Erachtens nicht machbar ist.
b. Risikobereitschaft. Wenn ich meiner potenziellen Kundschaft nicht grundsätzlich nach dem Mund rede, geht sie mir eventuell verloren. Wenn ich mich nicht verstellen will, bin ich bereit, die Konsequenzen zu tragen. Ich halte das Risiko für überschaubar, weil:
c. gute Laune. Wenn ich so sein darf, wie ich bin, macht mich das glücklich. Wenn ich die Aufträge habe, die mir gefallen, macht mich das glücklich. Wenn meine Kund*innen mit mir auf einer Wellenlänge sind … genau. Voll super!

CG: Was glaubst du: Warum wird Authentizität von vielen Menschen ganz besonders geschätzt?

GF: Vieles ist einfacher, wenn man weiß, woran man ist. Wenn mir jemand beim Beantworten meiner Fragen ausweicht oder mich auf andere Art schräg behandelt, fühle ich mich als Kundin nicht ernst genommen. Wenn man die anderen gradlinig behandelt, darf man selbst ruhig ein bisschen schräg sein. Das darf die andere Seite genauso. So ist es für alle entspannter.

CG: Zum Schluss ein Blick in die Kristallkugel: Mit welchen Strategien werden Unternehmen in den nächsten Jahren die Aufmerksamkeit der potenziellen Kundinnen und Kunden auf sich ziehen?

GF: Puh. Ich glaube, dass es eine gewisse Dreistigkeitsoffensive geben wird, bis das Thema ausgelutscht ist und wieder alle schrecklich freundlich sind. Unternehmen wie die BVG sind sehr erfolgreich damit, ihre eigene Kundschaft auf die Schippe zu nehmen. Andere sehen das und ziehen nach. Das klappt aber nur bedingt, weil zwischen der Schippe und der Beleidigung manchmal kaum Platz ist. Deshalb wird alsbald eine Sättigung eintreten. (Blöd für mich, weil ich ja auch gern meine Mitmenschen aufs Korn nehme. Aber ich hoffe, ich komme damit weiterhin durch. Sonst müsste ich mich ja doch verstellen.)

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Bildquellenangabe: Bücherwand Gesa Füßle, Portrait Christian Römmer

2 Kommentare zu „Im Interview – Gesa Füßle“

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