Hasskommentare

7 Taktiken der Trolle, Haterinnen und Disser. Und was wir dagegen tun können.

Werkzeugkasten“Du bist doch total krank!” Das las ich vor ein paar Tagen auf Facebook. Der Auslöser dafür war, dass ich in einer Diskussion über Rassismus angemerkt hatte, dass es wichtig ist, die Perspektive des anderen einzunehmen – schließlich ist doch ein weißer Mann mittleren Alters (wie mein Kontrahent) eher selten die Zielscheibe rassistischer Äußerungen.

Ich mache nun seit mehreren Jahren Counterspeech – beruflich und privat. Das heißt, ich tippe aktiv gegen den Hass an und versuche zum Beispiel, mit Fakten mehr Rationalität in Diskussionen zu bringen. Mittlerweile bin ich ziemlich abgehärtet und rigoros, was Beleidigungen angeht – in diesem Fall beendete ich zum Beispiel die Diskussion mit diesem Typen. Als Antwort tippte ich: “Beschimpfungen sind für mich keine Basis, auf der ich mit dir weiter diskutieren möchte.”  Das störte den Typen nicht. Er beleidigte mich weiter und unterstellte mir auch noch, ich hätte eh keine Argumente – deswegen würde ich nun die Flucht ergreifen. “Immer der übliche Mist”, seufzen nun erfahrene Gegenrednerinnen und -redner. Warum das üblich ist? Weil Diskussionen mit Disserinnen und Hatern oft nach dem gleichen Schema verlaufen. Und dabei kommen viele sprachliche und inhaltliche Handwerkszeuge zum Einsatz:

1. Absurde Vergleiche

Schraubenzieher“Wir AfDler sind die neuen Juden!” Meine Güte, wenn ich das lese, bin ich jedes Mal platt. Dieser absurde Vergleich tauchte zum Beispiel im Internet auf, als sich große Fußballvereine dagegen ausgesprochen haben, Mitglieder dieser Partei in ihren Reihen aufzunehmen. Klar, hier kommt das sogenannte Toleranz-Paradoxon zum Vorschein – wir predigen Toleranz und sind selbst intolerant. Doch wenn wir Intoleranz tolerieren, wird die Toleranz zurückgedrängt.

2. Steile Sinnlos-Thesen

Meißel“Der Vater von Carola Rackete arbeitet für die Rüstungsindustrie und ist Multimilliardär! Sie wird später ein Vermögen erben!” Ähhh, und selbst wenn? Nicht nur, dass das totaler Blödsinn ist (siehe diese Recherche von Mimikama) – diese Aussage basiert auch noch auf dem Prinzip der Sippenhaft, die es in der Bundesrepublik Deutschland glücklicherweise nicht mehr gibt. Hier wird also gleich auf mehreren Ebenen schief argumentiert.

3. Das weiß man doch!

SpachtelDieser Satz kommt oft als Antwort, wenn ich die Haterin oder den Disser nach Quellen oder Links zu absurden Vergleichen oder steilen Thesen frage. Der Satz suggeriert die Existenz eines allgemein verbindlichen Allgemeinwissens, das alle Menschen abrufen können.  Außerdem impliziert der Satz, dass der fragende Mensch eben einfach blöd ist, wenn er das nicht weiß. Und gleichzeitig schützt er den Absendenden davor, Belege für diese Aussage liefern zu müssen.

4. Die Pathologisierung

BohrerMit einer Zuschreibung wie “Du bist doch total krank!” würdigt der gemeine Wütende sein Gegenüber mit fünf einfachen Worten herab, um jede weitere Diskussion zu unterbinden. “Gesunde Menschen” aus der Welt der Hater und Disserinnen kommen schließlich nicht auf die Idee, sich mal in die Lage anderer Menschen hineinzuversetzen. Denn wer das tut, ist nach deren Meinung eben krank. Gestört. Bekloppt. Verrückt.

5. Meinungsfreiheit!!!!111!!!!

HammerMit dem Begriff “Meinungsfreiheit” wird heute so gut wie alles erklärt, was Haterinnen und Disser ins Internet rausrotzen. Dabei bedeutet Meinungsfreiheit eigentlich, dass wir unsere persönliche Meinung äußern dürfen – Beleidigungen, Hass und Verleumdungen sind durch die Meinungsfreiheit genau so wenig abgedeckt wie unwahre Tatsachenbehauptungen oder Generalverdächtigungen.

6. Rechtsextreme Narrative

Schraubenschlüssel“Umvolkung”, “Lügenpresse” oder “jüdische Weltverschwörung” – diese Narrative und Formulierungen gehören zu rechtsextremen Verschwörungs-Geschichten, die immer wieder in Social Media auftauchen. Menschen, die diese Worte benutzen, bewegen sich bereits in dieser ganz eigenen Sprach- und Gedankenwelt. Eine gute Übersicht findest du in diesem Glossar der NeueMedienmacher. Ich versuche, diese Begriffe zu vermeiden.

7. Politische Gleichsetzung

Kleiner HobelImmer, wenn die neuesten Zahlen in Sachen Zunahme der rechtsextremen Gewalt veröffentlicht werden, folgt ein Satz: “Aber die Linken!” Immer. Dabei sollte sich mittlerweile rumgesprochen haben, dass diese Gleichsetzung Blödsinn ist. Noch bekloppter wird es, wenn Antifaschistinnen und Antifaschisten – also Menschen, die sich gegen Nazis engagieren – als “neue Nazis” bezeichnet werden. Das impliziert, dass ein Engagement gegen gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit identisch ist mit einem menschenverachtenden Weltbild.

Tja … aber was können wir tun?

In diesem Punkt habe ich in den letzten Monaten meine Meinung geändert: Früher tippte ich gegen diesen Hass an, bis mir neben meinen Fingern auch noch mein Hirn wehtat. Heute beende ich eine Diskussion, sobald mein Gegenüber diese “Stilmittel” benutzt. Warum ich das tue? Weil sich hinter solchen Accounts meist keine “echten Menschen mit echten Meinungen” verbergen – so wurde zum Beispiel aufgedeckt, dass mehr als 50 % der Hasskommentare gegen Greta Thunberg von Fake-Accounts stammen. Und schon 2018 hat eine Studie ergeben, dass 5 % der Accounts für mehr als 50 % der Likes unter den Hasskommentaren verantwortlich sind. 

Mit dem Handwerkszeug der Wutbürgerinnen und Wutbürger werden also in den Sozialen Netzwerken Mehrheiten simuliert, die es eigentlich gar nicht gibt! Warum sollten wir mit unserer Gegenrede also noch die Reichweiten dieser Trollarmeen vergrößern? Bei Facebook zum Beispiel ranken Postings besonders weit oben, die viel Interaktion erzeugen – und Gegenrede ist natürlich Teil dieser Interaktion, ob wir das nun wollen oder nicht. Deswegen mein Rat:

ZauberstabNutzt eure Zauberkräfte! Ignoriert die Wutbürgerinnen und Wutbürger. Blockiert die Trolle, Haterinnen und Disser. Denn so bekommen wir die Kommentarspalten zurück.

Meiner Meinung nach ist das die einzige Möglichkeit, die Trolle, Haterinnen und Disser in die Schranken zu verweisen und ihnen mithilfe der Algorithmen die Kommentarspalten wegzunehmen. Auf die Meldefunktionen der Sozialen Netzwerke sollten wir uns nicht verlassen, sie funktionieren nicht – gerade fordert das Bundesamt für Justiz von Facebook 2 Millionen Euro Strafe wegen der Intransparenz im Umgang mit Hasskommentaren.

Je mehr Menschen also ihre Zauberkräfte entdecken und die Zaubertools nutzen, die uns die Sozialen Netzwerke bereitstellen, um so weniger Reichweite werden Hass und Hetze haben. Und das Klima in den Kommentarspalten wird viel entspannter und wertschätzender. Hier die Anleitungen:

Die Zaubertools von Facebook:

Die Zaubertools von Twitter:

Die Zaubertools von Instagram: 

Die Blockier- und Ignorierfunktionen anderer Sozialer Netzwerke findest du in deren Hilfebereich.

Und wer nun “ZENSUR!” ruft, möge sich daran erinnern, dass Hass keine Meinung ist. Und Rechtsextremismus ist ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit – egal, wie bunt lackiert und banalisiert er daher kommt.

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Bildquellenangabe: Pixabay

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