Im Interview – Heike Merkle

“Ich mache das, was mir gefällt.”

Heike rief mich im Spätsommer letzten Jahres an und fragte, ob ich Lust und Zeit hätte, für Death by Dress eine neue Website zu entwickeln. Death by Dress – den Namen ihres Kleiderlabels fand ich schon oberkultig ;-) Wir trafen uns zu einer gemütlichen Kaffeerunde in ihrem Atelier in Frankfurt-Höchst und stellten schnell fest, dass die Chemie zwischen uns stimmte. Im Oktober 2017 sind wir dann mit diesem Projekt gestartet. In knapp drei Monaten haben wir im Team mit Renate Hermanns eine Website entwickelt, die uns alle nach wie vor begeistert! Anfang 2018 ging dann das neue digitale Domizil von Death by Dress an den Start: Sehr persönlich, individuell und mit jede Menge Zucker obendrauf! Eben ganz wie Heike und ihre wunderschönen Kleider.

Die Zusammenarbeit mit Heike ist von Kreativität geprägt, wir können gut zusammen brainstormen und Ideen raushauen. Gleichzeitig ist Heike  pragmatisch – was eine solche Zusammenarbeit dann auch noch herrlich unkompliziert macht. Außerdem finde ich ihren Werdegang von der Bankerin hin zur Erfinderin von Death by Dress total spannend – genau wie ihre Bestrebungen, nachhaltige Kleidung in der Region zu produzieren. Ach, die ganze Heike ist spannend, denn sie kann so viele tolle Geschichten erzählen aus ihrem Leben ;-) Ich wünsche ihr ganz viel Glück mit ihrem Label und spare derzeit für ein eigenes Kleid von Death by Dress. Denn ich möchte unbedingt eins von diesen eleganten und gleichzeitig alltagstauglichen Schmuckstücken besitzen, hach <3 .


CG: Authentizität ist ein Modebegriff – viele Unternehmen und Selbstständige schreiben sich Echt sein auf die Fahnen. Welche Bedeutung hat Authentizität für dich und deine Arbeit?

Ein Kleid von Death by DressHM: Leider ist das Wort zu einem Modebegriff geworden. Aber meines Erachtens ist es das Wichtigste für einen Menschen: Denn um authentisch zu sein, muss ich mich selbst sehr gut kennen, meine Bedürfnisse, Emotionen, Gedanken usw. Ich muss mein Verhalten selbst bestimmen und mich nicht von den Erwartungen anderer leiten lassen. Ich muss meine Gedanken und Bedürfnisse mitteilen wollen.
Das ist nicht einfach, es erfordert Mut und viel Arbeit das eigene Ich kennen lernen zu wollen und für sich einzustehen. Und im Business ist es noch viel schwieriger. Die Erwartungen an einen sind hoch, die eigenen und die fremden. Die Angst seine Rechnungen nicht bezahlen zu können etc. können einen dazu zu verleiten, nicht authentisch zu sein. Wenn mich solche Ängste jagen, muss ich aufpassen nicht dem Drängen anderer nachzugeben. Doch ich habe gelernt, dass es sich für mich nicht lohnt, nicht authentisch zu sein. Ich habe meinen eigenen Rhythmus und meine eigenen Werte. Wenn ich darauf keine Rücksicht nehme, habe ich keinen Erfolg. Denn dann mache ich etwas, was andere wollen – es ist nicht mehr mein Business.

CG: Du hast mit „Death by Dress“ einen kompletten Neustart gewagt und deinen gut bezahlten Job im Marketing einer großen Bank gekündigt. Hand aufs Herz: Welche Bedenken hattest du auf dem Weg hin zu diesem radikalen Schritt?

HM: Wahrscheinlich hatte ich die Bedenken, die alle haben, wenn man so einen Schritt macht. Angst, seine Rechnungen nicht mehr bezahlen zu können. Angst, aus der Gesellschaft zu fallen. Angst, zu versagen. Eben den Anforderungen, die unsere Gesellschaft an uns stellt, nicht gerecht zu werden.

CG: Warum ist es so schwer für uns alle, individuelle Wege zu beschreiten und das zu tun, was uns wirklich ausfüllt?

Heike Merkle vor ihren tollen KleidernHM: Wir leben in einer Leistungsgesellschaft und definieren uns über den Wert Arbeit. Wer wirklich will, der schafft es nach oben – das ist das Versprechen jeder Leistungsgesellschaft. Hand aufs Herz: Wie lautet die erste Frage, die man meistens gestellt bekommt, wenn man jemanden kennen lernt oder trifft? Welchen Beruf man hat und für wen man arbeitet. Mein Haus, mein Auto, meine Frau… Schnell ist der soziale Status abgeklopft und die Entscheidung getroffen, ob man sich weiter mit diesem Menschen unterhält. Schert man da aus, also, wenn Arbeit und Einkommen nicht mehr Mittelpunkt, der Wert des Lebens ist, steht man in unserer Gesellschaft sehr schnell im Abseits. Weil man sich dem Herdentrieb nicht unterwirft. Weil man nicht mehr umfänglich am Gesellschaftsleben teilhaben kann bzw. nicht mehr so teilnimmt, wie es erwartet wird. Weil einfach weniger Geld da ist, ist man ganz schnell ausgegrenzt.
Wir leben im ständigen Wettbewerb von klein auf. Wir hören als Kinder öfter Nein als Ja. In der Schule zählen nur deine Leistungen, die Noten zeigen schnell den Erfolg oder Misserfolg. In der Ausbildung oder im Studium ebenfalls. Ohne ein Einser-Abitur bist Du heute nichts mehr. Ist es da ein Wunder, dass wir keine individuellen Wege beschreiten oder es uns nicht trauen? Wenn der Wert eines Menschen sich nach seiner Arbeitsleistung richtet?

CG: Nach gängiger Definition resultiert Authentizität aus einem Sieg des Seins über den Schein. Doch für mich als Unternehmerin ist es nicht immer einfach zu entscheiden, wie weit meine Echtheit auf professioneller Ebene gehen darf. Wie erlebst du diese Auseinandersetzung? Hat Authentizität Grenzen?

HM: Ich versuche, so authentisch wie möglich zu bleiben. Das führt dazu, dass ich manchmal kein Kleid verkaufe oder – wie in einem Fall – ein Kleid zurückgenommen habe. Immer, wenn ich nicht bei mir bleibe und mir treu bin, kostet es mich unendlich viel mehr Zeit und Energie etwas anzufertigen oder zu schaffen. Und damit am Ende mehr Geld kostet als es einbringt. Mir wurde mal entgegnet „Schön, wenn du dir das leisten kannst“. Nein, das kann ich nicht, auch ich muss zusehen, dass ich meine Rechnungen bezahlt bekomme. Ich weiß auch nicht, ob es auf Dauer funktionieren wird. Aber es fühlt sich richtig an.

Das Stofflager von Death by DressCG: Mit Authentizität gehen Begriffe einher wie ….

HM: a. Selbsterkenntnis, b. Selbstbestimmtheit, c. Sich zu zeigen

CG: Was glaubst du: Warum wird Authentizität heute besonders geschätzt?

HM: Vielleicht, weil wir wissen, dass wir so nicht mehr weiter machen können. Vielleicht, weil wir merken, dass wir nicht mehr Zeugs, sondern mehr Zeit brauchen. Ich denke, wir wissen, dass die Leistungsgesellschaft am Ende ist. Wir haben nicht nur uns, sondern auch unseren Planeten ruiniert.

CG: Welche Plattformen benutzt du für deinen unternehmerischen Außenauftritt? Verwendest du dort spezielle Stilmittel?

HM: Social Media, meine Webseite und ganz old fashioned die klassische Zeitung. Mein Stil? Ich mache das, was mir gefällt, das bin ich. Auch meine Rechtschreibfehler. Dir gehören zu mir. Ich bin nicht vollkommen und will es auch nicht sein. Auch wenn natürlich anderes erwartet wird. Aber dem muss ich ja nicht folgen.

CG: Zum Schluss ein Blick in die Kristallkugel: Welche unternehmerischen Strategien werden in den nächsten Jahren Interesse wecken – und zum Beispiel aus Interessierten Käuferinnen und Käufer machen?

HM: Ich fürchte, Google und Co. werden weiter ihre Strategie der Fremdbestimmung ausbauen. Das heißt, wir werden morgens von Alexa geweckt. Diese hat die Vitalwerte anhand unserer Apple Watches ausgelesen und sagt uns, dann welche Vitamine, welchen Sport wir heute besser machen sollten. Und welches Produkt wir dafür brauchen. Und natürlich wird sie es auch gerne für dich bestellen.
Nur, wenn wir als Konsumenten informiert sind und selbstbestimmt handeln, wird es in Zukunft andere Strategien geben. Ich selbst versuche alles lokal vor Ort zu kaufen. Selbst meine Bücher bestelle ich bei meiner Buchhandlung um die Ecke. Ich habe seit Monaten Amazon und Co. nicht mehr genutzt. Und mir fehlt wirklich nichts …

CG: Lieben Dank für dieses Interview, Heike – alles Gute für dich und Death by Dress! 

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Bildquellenangabe: Heike Merkle/Death by Dress

2 Kommentare zu „Im Interview – Heike Merkle“

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