Viel Arbeit, viel Lohn – warum ich gerne netzwerke
Die meisten Menschen netzwerken, was das Zeug hält: Wir besprechen berufliche Themen im Kollegenkreis, in Foren oder Social Media-Gruppen. Wir vermitteln Jobs, Wohnungen oder Gebrauchsgegenstände in unseren persönlichen Netzwerken. Und jeder von uns kennt jemanden, der jemanden kennt, der bestimmt die Antwort auf die Frage A weiß. Oder die Lösung für das Problem Z parat hält. Netzwerken bedeutet heute nicht mehr, dass man die Menschen aus seinem Netzwerk persönlich kennt – viele Netzwerke funktionieren rein digital. Mit diesen Cyber-Netzwerken, den Regeln und den Chancen werde ich mich heute beschäftigen.
Vom Geben und vom Nehmen
Die Grundlage JEDES gut funktionierenden Netzwerks ist das Prinzip vom Geben und Nehmen – und zwar genau in dieser chronologischen Reihenfolge: Möchte man Teil eines solchen erfolgreichen Netzwerkes werden, muss man zuerst geben. Sich aktiv ins Geschehen einbringen, gute Tipps geben und Ratschläge mit Mehrwert erteilen ist die Grundvoraussetzung. Leider übersehen manche Menschen diese zwingend notwendige zeitliche Abfolge der Geschehnisse. Diese Typen tauchen in einem Netzwerk auf, stellen sich nicht vor und beteiligen sich nicht aktiv an Diskussionen. Irgendwann fallen sie dann mit der Tür ins Haus: “Ich habe Problem XY, wer kann helfen?” Sollten im Netzwerk extrem höfliche Menschen anwesend sein, werden diese versuchen, diesen “Nehmer” einzufangen und auf die Regeln des Netzwerkens aufmerksam zu machen. Manchmal passiert es aber auch, dass solche Postings einfach nicht beantwortet werden. Der Fragensteller wird das Netzwerk erfahrungsgemäß recht bald wieder verlassen und sagen: “So ein blödes Netzwerk. Da ist ja gar nichts los!” Oder: “Das Netzwerk ist blöd – denn das ist ne Clique, in die man gar nicht rein kommt!” Nichts davon ist wahr – hier ist einfach nur die Geben-Nehmen-Reihenfolge nicht beachtet worden. Die Enttäuschung ist groß. Und zwar auf allen beteiligten Seiten.
Noch mehr Regeln
Okay, Geben vor Nehmen kennen wir eigentlich schon seit dem Kindergarten. Aber es gibt noch ein paar andere “ungeschriebene” Gesetze, die man beim netzwerken beachten sollte:
- Kennenlernen. Und zwar richtig.
In jedem Netzwerk gibt es Menschen, die besonders aktiv sind: Da gibt es die, deren Beiträge immer spannend zu lesen sind. Oder die, deren Beiträge viel Know-how transportieren und viele Links zu weiterführenden Websites beinhalten. Oder die, die für die gute Laune und den Netzwerkfrieden zuständig sind. Es gibt besonnene Menschen, emotionale Menschen und Menschen, die haarscharf analysieren und formulieren können. In einem guten Netzwerk gibt es alle Typen – genau wie im Real-Life. Wenn Sie das Geschehen beobachten, werden Sie recht schnell Ihre persönlichen “Lieblinge” identifizieren. Mit diesen Netzwerkern werden Sie leichter ins Gespräch kommen. - Mitreden. Aber erst, wenn man weiß wie.
Jedes etablierte Netzwerk hat eigene Gepflogenheiten: Es wird gesiezt oder geduzt. Es wird über konkrete Dinge geredet oder Szenarien abstrakt besprochen. Bestimmte Themen werden bewusst ausgeklammert oder detailreich ausdiskutiert. Gelegentlich gibt es sogar Vorschriften, wie zum Beispiel ein Posting in einem Forum auszusehen hat. Nehmen Sie sich Zeit und beschäftigen Sie sich mit diesen Gepflogenheiten. So verhindern Sie, dass Sie gleich mit dem ersten Kommentar in ein riesengroßes Fettnäpfchen treten. - Mehrwerte beisteuern. Echte Mehrwerte.
Sie lesen eine Frage, auf die Sie eine gute Antwort wissen? Oder haben weiterführende Links zu einem diskutierten Problem gesammelt? Super, teilen Sie Ihr Know-how und Ihr Netzwerk wird es Ihnen danken. Sollten Sie unsicher sein, ob Ihr Posting einen echten Mehrwert darstellt, lassen Sie es. Oder schreiben Sie klar und deutlich, dass Sie unsicher sind. Die anderen Netzwerker werden Ihnen gern helfen und sagen, ob Sie den Beitrag sinnvoll fanden oder nicht. Übrigens: In jedem Netzwerk wird auch mal rumgealbert – ein guter Witz an der passenden Stelle kann also durchaus auch ein echter Mehrwert sein. Denn ein immer ernstes Leben wäre grässlich langweilig ;o))
Boar, so viel Arbeit?
Ja, netzwerken ist Arbeit. Ja, netzwerken kostet Zeit. Ja, netzwerken strapaziert manchmal die Nerven. Gleichzeitig sind Netzwerke eine Art Wundermittel für den langfristigen, unternehmerischen Erfolg. Denn die aktive Teilnahme an einem spezialisierten, aktiven Netzwerk wird Ihnen viele Vorteile bringen. Vorausgesetzt natürlich, Sie sind ein bekannter “Geber” in Ihrem Netzwerk und beachten die Spielregeln.
Ich erzähle Ihnen mal ein paar Beispiele aus meinem Netzwerkleben:
- Rechtschreibproblem. Ich sitze an einem Text: “Wir möchten auf diesem Weg allen Teammitgliedern Danke sagen. Danke für Ihre Geduld. Und Danke für die vielen Ideen.” Wird das Wort “Danke” im dritten Satz groß oder klein geschrieben? Im Schreiber-Netzwerk habe ich 3 Minuten später die Antwort – inklusive Duden-Begründung.*
- Ideencheck. In meinem Kopf geht es bunt zu. Aber ist die Idee, die ich gerade im Kopf habe, wirklich gut? Habe ich sie tatsächlich sorgfältig genug durchdacht? Oder gibt es Ecken und Kanten, die aus einer guten Idee einen Flop machen? In einem Branchen-Netzwerk kann ich die Situation abstrakt schildern und bekomme kompetentes Feedback.
- Recherche. Um ein bestimmtes Problem zu lösen, brauche ich Antworten auf echte Spezialfragen. Die eigentlich allwissende Tante Google konnte mir bisher keine zufriedenstellende Auskunft geben. In einem Experten-Netzwerk werde ich diese Antworten erhalten – oft sogar noch gewürzt mit Schilderungen eigener Erfahrungen.
- Verbreitung. Ich finde, ich habe einen superdupertollen Blogbeitrag geschrieben. Also bitte ich meine Netzwerke darum, diesen Beitrag zu teilen, um so für die optimale Verbreitung meines Textes zu sorgen. Man wird mir gerne helfen – denn ich unterstütze exzellente Beiträge auch, in dem ich sie mit meinen Netzwerken teile.
- Organisatorisches. Welchen Titel darf ich auf der Visitenkarte führen? Welche Krankenversicherung ist für meine Bedürfnisse die beste? Wo bekomme ich eine ergonomisch sinnvolle Büroausstattung her? Im Selbstständigen-Netzwerk findet sich immer eine Antwort auf diese Fragen, mit denen sich alle Freiberufler zwangsweise beschäftigen müssen.
- Kreativblockade. Jeder, der kreativ arbeitet, kennt diesen gefürchteten Zustand: Im Hirn ist Flaute, weit und breit keine abgefahrene Idee in Sicht. Stattdessen gähnende Leere auf dem Blatt Papier und im Kopf. Ein kleines Brainstorming via Facebook hat mir da schon so manches Mal frischen Wind ins Gehirn gepustet und den Knoten gelöst.
- Auftragsvermittlung. Für viele meiner Aufträge brauche ich Teams, die ich individuell zusammenstelle: Designer, Programmierer oder Lektoren. Natürlich greife ich gerne auf Menschen aus meinen Netzwerken zurück. Genau, wie andere Netzwerker auf mich zurückgreifen, wenn es um Aufträge geht, die genau meinem Profil entsprechen.
- Auftragsflaute. Ja, auch das passiert im Leben einer Freiberuflerin. Also poste ich in verschiedenen Berufs-Netzwerken, dass ich zurzeit freie Kapazitäten habe. Mein virtuelles Auftragsbüchlein wird in den nächsten Tagen wieder gefüllt werden. Denn aus meinem Netzwerk kommen Ideen zur Akquise und sogar konkrete Anfragen.
- Schlechte Laune. Mistiger Tag. Mit dem falschen Fuß aufgestanden. Alles doof auf dieser Welt. Ein kleines Jammerposting im Lieblings-Netzwerk, in dem wir vertrauensvoll miteinander umgehen, hilft: Ich bekomme einen tollen Witz erzählt. Oder werde bedauert, bekomme eine Runde Mitleid und darf auf den Arm. Schon geht es mir besser ;o))
Okay, der letzte Punkt ist rein fachlich gesehen keine große Hilfe – aber ich brauche dieses kleine Glück zwischendurch. Genau, wie ich Prokrastination brauche. Und Luft zum Atmen. Eventuell geht es Ihnen genauso: weil Sie viel im Homeoffice arbeiten oder im Unternehmen eine wenig kommunikative Einzelzelle bewohnen. Nein, Sie kennen das nicht? Na gut. Es gibt ja noch acht weitere Beispiele, die zeigen, wie Sie vom aktiven netzwerken profitieren. Ich wünsche Ihnen viel Erfolg ;o))
* Dieses Danke kann groß oder klein geschrieben werden: “Und (wir sagen) Danke für die vielen Ideen” oder “Und danke (vielmals) für die vielen Ideen”. Bildquellenangabe: Pixabay