Hirn aus, Kreativität an: Was Urlaub mit der Arbeit zu tun hat.

Endlich Urlaub - zwei Stühle unter einem Sonnenschirm

Morgens um 8 Uhr. Die ersten Sonnenstrahlen reichen bis in mein Bett und kitzeln mich in der Nase. Ich blinzle und werde langsam wach. Dann öffne ich die Augen: Hey, ich hab in einem Wohnmobil übernachtet. An der französischen Atlantikküste. Ach ja … ich bin im Urlaub, yeah! Was gibt es heute zu tun?

So oder so ähnlich ist es dir bestimmt auch schon ergangen, oder? Und vielleicht kennst du auch dieses Gefühl, nie wirklich abschalten zu können. Immer unruhig zu sein, fast wie getrieben. Wo kann ich neues lernen? Was kann ich erledigen? Was passiert heute? Kann ich noch irgendwie mitmischen?

So geht es mir. Dabei habe ich mit meinem Beruf als freiberufliche Werbetexterin einfach ein riesengroßes Glückslos gezogen. Ich liebe die Abwechselung, ich arbeite sehr gerne und bin mit ganz viel Energie bei meinen Projekten. Meine Neugierde ist mein Motor, meine Unruhe treibt mich zusätzlich an. Alles prima eigentlich, oder? Doch sogar ich – *hüstel* – brauche mal eine Pause, jawohl. Besonders dann, wenn das Leben gerade nicht so nett zu mir ist.

4 Wochen Frankreich. Im Wohnmobil. Ohne Termine. Echt jetzt?

Wohmobil und Mann bei Montsegur

Und so sind wir – mein Mann, unser Hund, die kleine Mic, und ich – Anfang Juni aufgebrochen. Auf uns warteten 4 Wohnmobil-Wochen, in denen wir nur einen groben Reiseplan hatten. Denn unser ganz großer Masterplan war: Wir lassen uns treiben. Genau deswegen lieben wir das Campen so sehr. Heute hier, morgen dort. Ah, hier isses schön, hier bleiben wir ein paar Tage. Hey, ich hab gerade was gelesen über eine Burg, die ich unbedingt sehen muss, los gehts! Wää, das Wetter ist zu heiß, zu kalt, zu irgendwas – komm, wir fahren weiter.

Schon in den ersten Tagen hat sich wieder gezeigt, dass diese Form von Urlaub eine echte Herausforderung ist für zwei Menschen, die in Projektstrukturen arbeiten und ein Faible für gute Organisation haben: Wann wollen wir wo sein? Wie lange brauchen wir? Wann fahren wir am besten los? Gibts Baustellen auf der Strecke? Fahren wir Landstraße oder Autobahn? Wo machen wir Pause? So lauteten die Fragen, die die ersten Tage bestimmten. Kurz, wir haben unsere Jobs auch im Urlaub ausgelebt ;-)

Es kehrt Ruhe ein. Endlich.

Höhepunkt dieses Arbeitsurlaubs war dann ein Tag in Südfrankreich: 42 Grad, die Klimaanlage im Camper-Führhäuschen versagte, der Hund wollte nicht mehr laufen. Und wir alle konnten gar nicht so viel trinken, wie wir geschwitzt haben. Eigentlich hatten wir geplant, ein paar Tage am Mittelmeer zu bleiben. Doch dann sind wir spontan aufgebrochen ins Nirgendwo. Über die App “Park4night” haben wir in der Nähe von Foix in der Region Okzitanien einen Campingplatz auf einem Bauernhof gefunden. Kein Geschäft in Laufnähe, nur eine schmale Straße führte an diesen Ort, der für uns zu einem magischen Ort wurde.

Wohnmobil mit Hund im Nirgendwo

Wir kamen nach einer tropischen Nacht freitagmittags in der Gegend an, genervt, verschwitzt und irgendwie hyperaktiv. Noch schnell in Foix einkaufen, dann ab aufs Land! Auf dem Weg zum Campingplatz haben wir gezweifelt, ob wir dort überhaupt ankommen mit unserem riesigen Wohnmobil-Monster. Enge Sträßchen, niedrige Äste und dann mussten wir auch noch eine geschotterte Rampe auf einen Hügel herauffahren. Also Anlauf nehmen und los!

Oben wartete eine sehr nette Frau auf uns, die uns kurz zeigte, wo der Stromanschluss liegt und dann wieder verschwand. Markise raus, Campingstühle und -tisch aufbauen, etwas trinken. Und dann saßen wir da im sprichwörtlichen Nichts. Wiesen, viele Bäume, ein paar verstreute Bauernhöfe in der Ferne. Und dazwischen ein paar Kühe, die bei unserer Ruhefindung noch eine sehr große Rolle spielen sollten.

Kuhstalking. Dazu Rosé.

So saßen wir da – und genossen, dass wir einfach nur dasaßen. Kein Plan, kein Termin, kein Druck, keine Uhr, nichts. Die Temperatur war angenehm, es ging ein leichter Wind, die Vögel zwitscherten. Direkt unterhalb unseres Platzes war eine große Kuhweide. Dort zog den ganzen Tag eine Herde Kühe ihre Bahnen. Meist übrigens im Uhrzeigersinn, wie uns irgendwann aufgefallen ist. Gibts dazu eine Erklärung? Mir fällt gerade ein, dass ich das noch googeln wollte. Na, wurscht erst mal. Zwei Kühe hatten Glocken um den Hals und bimmelten bei jedem Schritt friedlich vor sich hin.

Die Kühe, die wir gestalkt haben

Irgendwann machten wir eine Flasche Rosé auf und stalkten die Kühe weiter. Die größere der beiden Bimmelkühe nannten wir Fridoline, sie war eindeutig die Chefin im Ring. Dann gab es noch ein paar kecke Jährlinge, die gelegentlich mal ein paar Bocksprünge machten oder sich gegenseitig anrempelten. Ansonsten liefen sie einfach langsam immer wieder im Kreis und grasten. Manchmal gab es eine kurze Rast an der Tränke, dann ging es gleich wieder weiter. Mampf, mampf, mampf. Bimmel, bimmel, bimmel. Geradezu meditativ!

Samstag, Sonntag.

Sonnenuntergang in der Bretagne

Wir stalkten zwei volle Tage lang Kühe, kochten uns leckere Dinge, haben gelesen, viel geschlafen und waren ab und zu mit der kleinen Mic spazieren. Die Uhrzeit war uns egal, die Nachrichten waren uns egal – obwohl es in Frankreich tatsächlich auch an diesem abgelegenen Ort 5G gab. Wir haben einfach gemacht, worauf wir gerade Lust hatten. Und das war nicht viel ;o)

Zwischendrin hat mich dann immer mal wieder da schlechte Gewissen gepackt: “Du kannst doch deinen Urlaub nicht mit Kuhstalking verbringen, Christa! Du wolltest was erleben!” Ich hab dem kleinen Stressteufel dann geschmeidig das Mäulchen gestopft: “Hey, du nerviges Ding – wenn ich Bock habe, Kühen beim Grasen zuzusehen, dann mache ich das! Kannst ja mitmachen. Oder verschwinden.”

Und dann kam ein Moment, den ich schon sehr lange nicht mehr erlebt habe. Mir fiel auf, dass ich einfach an nichts mehr gedacht habe. Mein Hirn war wie inaktiv, keine Listen mehr, keine Suche nach Lösungen mehr, keine Termine, kein Das-muss-ich-noch-recherchieren … einfach nur noch grasende Kühe. Und Gebimmel. Wow, was für ein geiles Gefühl!

Leere üben …

Klar, in dem Moment, in dem mir diese wohltuende Leere aufgefallen ist, war sie auch schon wieder weg. Montags sind wir dann auch aufgebrochen zur Verwandtschaft in der Gascogne. Aber nach diesem Einstieg habe ich diesen Zustand noch öfter erreicht im Urlaub: In der Biskaya während eines Sonnenuntergangs überm Meer, in der Bretagne beim Anblick der spannenden Wolkenformationen und der karstigen Küstenlandschaft, in den sanften Hügeln des Vorpyrenäenlands. Und sogar in Montségur, nachdem ich meine maroden Knochen tatsächlich den steilen Aufstieg dort hochgeschleppt habe! Wobei das wohl eher totale Erschöpfung war … und über den Abstieg schweige ich lieber. Aus Gründen ;-)

Aussicht in der Gascogne

Zack, waren die vier Wochen auch schon wieder vorbei! Wir hatten zwar das Gefühl, noch nicht fertig geurlaubt zu haben, es hatte sich wohl sehr viel Stress angesammelt. Doch schon in der ersten Arbeitswoche habe ich bemerkt, dass meine Batterien doch wieder gut geladen waren. Denn ich habe in Windeseile ein Konzept und mehrere Websitetexte geschrieben. Außerdem habe ich zwei äußerst ertragreiche Texttandems gegeben und zusammen mit der Kundschaft schöne, authentische Texte entwickelt. Die Ideen sind nur so gesprudelt, yeah!

Jetzt ist die zweite Post-Urlaubswoche fast vorbei, ich bin wieder drin im alten Trott. Doch eins habe ich aus dem Urlaub mitgebracht: Ich übe Leere. Jeden Morgen, wenn ich mit der kleinen Mic Gassi gehe, setze ich mich für ein paar Minuten auf eine Bank und gucke. Denn schauen geht hier Spessart auch sehr gut! Während ich gucke, leere ich mein Hirn. Und genieße die Stille im Kopf. Kein Brummen, kein Summen, keine Geistesblitze, kein Grollen, kein Hüpfen, kein Gequirle, kein Toben, ja, nicht mal ein Lachen im Hirn – einfach nur Stille. Wow. Leider schaffe ich das nicht immer. Aber manchmal schon. Und das ist toll, hachz. Denn ich habe in diesem Urlaub gelernt, dass Stille doch etwas ist, was ich mag. Und brauche.

Ein weiteres Mitbringsel.

Aus diesem Urlaub haben wir neben der Leere noch etwas mitgebracht – einen eigenen winterfesten Campervan. Anfang August holen wir ihn ab. Und dann geht es öfter auf Tour, solange ich noch reisen kann. Wir haben das Auto mit Solarpanels, zwei Batterien und 230-Volt-Steckdosen so umbauen lassen, dass wir autark darin arbeiten können. Also wer weiß, wo ich demnächst Texte und Konzepte schreiben und Leere üben werde? Wie spannend!


Übrigens: Die Idee für diesen Blogbeitrag habe ich meinem lieben Freund Javi und meiner tollen Kollegin Manuela Seubert zu verdanken. Denn leider gehörte zu den aufgeladenen Batterien nicht dazu, dieses Blog wieder regelmäßig zu bestücken *seufz*. Aber dank meines tollen Netzwerks habe ich nun wieder ein paar schöne Themen für neue Beiträge, jippieh!

2 Kommentare zu „Hirn aus, Kreativität an: Was Urlaub mit der Arbeit zu tun hat.“

  1. Liebe Christa,

    vielen Dank für diesen wunderbaren Artikel, der mich glatt für ein paar Minuten selbst zur Ruhe gebracht hat. Ich war lesend mit Dir ein wenig en France unterwegs. Welch ein Glück, dass ich Deine Frage bei FB entdeckt habe und etwas Inspiration beitragen durfte.

    Gestern habe ich übrigens einen neuen umgangssprachlichen Begriff gelernt. Neurowissenschaftler Volker Busch hat in seiner Podcast-Folge 26 von “Nixen” gesprochen, – mit der Folge eines Kreativschubes für das Gehirn!
    Ich nixe in Alltagspausen in den warmen Monaten gern in der Hängematte .

    Liebe Grüße und schönes Wochenende, Manuela

    1. Liebe Manuela,
      ein paar Minuten Ruhe durch meinen Artikel, wie schön <3
      Und Nixen merke ich mir. Das ist ein tolles Wort für diesen Zustand, der so wichtig für uns alle ist ...

      Liebe Grüße und dir auch ein schönes Wochenende,
      Christa

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