Im Interview – Katrin Bauer

“Gelassenheit ist auch ein Aspekt von Authentizität. Und Humor.”

Katrin BauerKatrin kenne ich aus den Zeiten, als ich noch in Dreieich wohnte – wir sind in die gleiche Schule gegangen und hatten einen Freundeskreis, der sich an einigen Stellen überlappte. “Damals” ist sie mir mit ihrer direkten, konkreten Art im Gedächtnis geblieben, denn ich mag ja bekanntlich Menschen, die sagen, was sie denken. Außerdem lacht sie gerne und zwar auch über echt dreckige Witze – sehr sympathisch ;-)

Viele Jahre später hat dann der Kollege Zufall eine große Rolle gespielt: Seit dieser Zeit arbeiten wir immer mal wieder zusammen für verschiedene Kunden – sie als Grafik-Designerin, ich als Texterin und Konzeptionerin. Katrin hat sich in den letzten Jahren viel Input zum Thema Freiberuflichkeit bei mir geholt und ich habe sie immer wieder darin bestärkt, den Schritt in die Selbstständigkeit zu gehen. Ab Juli 2016 ist es endlich so weit, yeah! Nun drücke ich ihr ganz feste die Daumen … ach, Quatsch, ich bin mir sicher, dass sie das schafft!


CG: Authentizität wird gerade zu einem Modebegriff – immer mehr Unternehmen schreiben sich Echt sein auf die Fahnen. Welche Bedeutung hat Authentizität für dich und deine Arbeit?

KB: Ich glaube, wir sind alle ziemlich gut darin zu merken, ob jemand echt ist oder nicht. Wir lesen seit unserer Geburt Gesichter und kommunizieren. Jeden Tag. Mit uns nahestehenden Menschen und Fremden – wir sind also Authentizitäts-Profis. Ein großer Teil der täglichen Kommunikation muss gar nicht authentisch sein. Aber wenn es um Vertrauen geht, dann ist Authentizität wirklich wichtig. Im Privaten wie im Beruflichen.
Jemand, der sich anhört, als käme er direkt aus einem Unternehmensberatungs-Seminar, kann nicht ernst genommen werden wollen. “Wenn sie die Möglichkeit hätten, 1.000 Euro zu sparen oder nicht. Was würden Sie tun?” – das wurde ich tatsächlich mal von einem jungen Versicherungsmakler gefragt. Ich musste kurzzeitig den Raum verlassen, um in Ruhe abzulachen.
Für meine Arbeit: Ich bin Grafik-Designerin. Der gestalterische Teil meiner Arbeit ist authentisch, weil er meine Handschrift trägt, ob geplant oder nicht. Beim interaktiven Teil der Arbeit – der Kommunikation mit dem Kunden – finde ich, dass Echt sein die einzige Art ist, Vertrauen aufzubauen und Spaß an der Zusammenarbeit zu haben. Und falls es zwischenmenschlich einfach nicht passt – was ja nicht schlimm ist – gibt es noch die “professionelle Authentizität”, bei der man auf einer sachlichen Ebene anständig, fair und zuverlässig ist.

CG: Welche Plattformen benutzt du für deinen unternehmerischen Außenauftritt? Verwendest du dort spezielle Stilmittel?

KB: Meine Website www.feines-design.net , facebook, Xing, linked in, div. Designplattformen. Ich mag‘s klar und präzise. Das wäre dann das Stilmittel. Weniger ist mehr.

CG: Du machst dich gerade selbstständig: Ab Juli 2016 bietest du unter dem Namen „feines design“ Allround-Leistungen rund um den Bereich Grafik Design an. Denkst du in dieser Gründungsphase darüber nach, ob Authentizität in deinem Unternehmensauftritt eine Rolle spielt? Wenn ja – welche Rolle?  Wenn nein – warum nicht?

Feines Design-KB: Ich denke zurzeit täglich darüber nach, ach quatsch – minütlich. Das fing mit meinem Firmennamen und Logo an. Das war schwer. Ich meine … ich gestalte seit Jahren beruflich Logos. Und ich liebe das. Aber für mich selbst? Etwas Gutes zu finden? Pure Quälerei. Weil der Abstand fehlt und weil ich mich erst mal positionieren musste. Ein großer Aspekt der Authentizität ist, zu wissen, wer man ist und was man will.
Wer ich beruflich bin, ändert sich ja auch gerade massiv. Ich habe mich aus dem Rahmen einer Festanstellung gelöst und stehe jetzt als Katrin vor den Kunden und nicht mehr als Art Director der Firma X. Das ist so viel persönlicher, ich stehe jetzt voll und ganz alleine da – mit allen großartigen & doofen Konsequenzen.
Ich habe hin und her überlegt, wie ich mich positioniere, und bin zu dem Schluss gekommen, dass es Quatsch ist, auf einmal andere Maßstäbe anzusetzen als das, was mir im Privaten wichtig ist – nämlich Echt sein. Und das Sahnehäubchen: Man muss sich nicht mit diplomatischen Konstrukten herumschlagen – das klingt schon so nach Verzetteln. Ich bin gespannt, ob der Plan aufgeht. :-)

CG: Was glaubst du: Warum ist es für manche Menschen so schwer, individuelle Wege zu beschreiten und zu den Facetten ihrer Persönlichkeit zu stehen?

KB: Ich würde Authentizität nicht als festgeschriebenen Zustand ansehen: Ich denke, dass jeder im Leben mal mehr, mal weniger authentisch ist. Das hat etwas mit Entwicklung zu tun: ob man mit der jeweiligen Lebenssituation zufrieden ist oder sich gerade im Umbruch befindet und sich neu definieren muss. Man kann meiner Meinung nach genau so wenig immer authentisch wie immer glücklich sein.
Ich glaube, es hat auch etwas mit Lebenserfahrung zu tun. Ich bin jetzt 40. Und habe mittlerweile verstanden, dass es Bereiche gibt, in denen ich gut bin und andere, in denen ich mir einen abkrampfe und trotzdem nie gut werde. Das Tolle ist: Ich bin völlig fein damit. Ich finde, das ist auch ein Aspekt der Authentizität: Gelassenheit. Oh … und Humor. Der hilft IMMER. Bei ALLEM.

CG: Nach gängiger Definition resultiert Authentizität aus einem Sieg des Seins über den Schein. Doch für mich als Unternehmerin ist es nicht immer einfach zu entscheiden, wie weit meine Echtheit auf professioneller Ebene gehen darf. Wie erlebst du diese Auseinandersetzung? Hat Authentizität Grenzen?

KB: Im Berufsleben ist Authentizität schwieriger als im Privaten. Weil man von Menschen umgeben ist, mit denen es klappen muss – unabhängig von Sympathien …
Mit manchen Menschen klappt‘s zwischenmenschlich einfach nicht, aber dafür sollte man sich die oben genannte professionelle Authentizität aneignen. Höflich, nett und klar sein und es auch so meinen. Auch Streitigkeiten kriegt man in den Griff, wenn man entspannt bleibt und dem anderen Achtung entgegenbringt. Keep calm.

CG: Mit Authentizität gehen Begriffe einher wie ….

KB: a. Vertrauen – wer authentisch ist, macht eine klare Ansage, kein Theater, kein Rätselraten. Das schafft Vertrauen.
b. Ehrlichkeit – der Beginn von Authentizität ist oft, ehrlich zu sich selbst zu sein. Und wer das geschafft hat, kann das auch nach außen.
c. Herzblut – siehe Antwort auf die nächste Frage.

CG: Was glaubst du: Warum werden öffentliche Gefühlsausbrüche von Persönlichkeiten heute besonders geschätzt? Der Wutausbruch von Bundesaußenminister Steinmeier hat viel öffentliche Bewunderung erfahren und ist zum echten Youtube-Hit geworden mit mittlerweile mehr als 2,6 Mio. Klicks.

KB: Steinmeier … weiß nicht, so richtig authentisch wirkt das nicht. Aber generell: weil authentisch toll ist. Wenn ich sehe, dass da jemand mit Herzblut hinter einer Sache steht und so involviert ist, dass er es nicht mehr schafft, die Distanz zu wahren und sauer wird, dann beruhigt mich das. Weil ich weiß, dass die Person einiges mehr dafür tun wird, das Ziel zu erreichen als jemand, der da nur eine Aufgabe abfrühstückt.

CG: Zum Schluss ein Blick in die Kristallkugel: Welche unternehmerischen Strategien werden in den nächsten Jahren Interesse wecken – und zum Beispiel aus Interessenten Käufer machen?

KB: Christa, wenn ich das wüsste ;-) Meine Theorie: Der Dialog, der durch das Internet möglich ist, zeigt sehr deutlich, dass Konsumenten nicht doof sind. Dass man Menschen ernst nehmen und auf einem intelligenten Level mit ihnen kommunizieren muss. Ehrlich, aufmerksam und mit Achtung. Und wer richtig gut ist, legt das Ganze charmant und mit etwas Humor an. So, als würde man sich mit jemandem verabreden, den man toll findet. Ich glaube, wer mit diesem Mindset an Aufgaben herangeht, und es auch so meint, wird eine Menge gute Gefühle und Spaß für alle Beteiligten hervorbringen.

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Bildquellenangabe: Katrin Bauer

4 Kommentare zu „Im Interview – Katrin Bauer“

  1. Toll ! Und ich darf bestätigen, dass Katrin alles so meint und auch macht, wie sie es in diesem Interview sagt. Katrin ist eine klasse Designerin und ich habe schon einige Projekte mit ihren Skills realisieren können. Viel Glück und alles Liebe, Katrin !
    Danke Christa, für dieses interessante Interview!

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