Im Interview – Nataša Herlth

“Perfektionismus ist der Tod der Authentizität.”

Natasa Herlth auf der TextcouchNataša ist die einzige Frau in meinem Umfeld, deren Namen ich leider konsequent falsch schreibe, denn ich vergesse den Shortcode für das pfiffige Häkchen über dem š  leider immer wieder (Alt + 0154 – nun kann ich wenigstens schnell nachgucken ;o))

Außerdem ist Nataša genau wie ich ein Texttreff-Urgestein und von dort kennen wir uns auch: Ich habe schon mehrere ihrer tollen Kreativ-Workshops auf dem jährlichen Textinen-Workshop-Wochenende mitgemacht – Granate, sage ich euch, danach sprudeln die kreativen Kräfte wieder! Wir zwei sind Freundinnen, helfen uns gegenseitig in Sachen Arbeit und versüßen uns das doch manchmal einsame Freiberuflerleben via Social Media. Und dank Skype und Hangouts fällt es gar nicht auf, dass wir über die Ländergrenze Deutschland-Schweiz hinweg kommunizieren. Danke, liebes Internet, für diese grandiosen Kommunikationskanäle!


CG: Authentizität wird gerade zu einem Modebegriff – immer mehr Unternehmen schreiben sich Echt sein auf die Fahnen. Welche Bedeutung hat Authentizität für dich und deine Arbeit?

NH: Authentisch sein bedeutet ja in erster Linie, ehrlich zu sich selbst zu sein. Das ist oft gar nicht so einfach. Ich muss meine eigenen Haltungen und Handlungen reflektieren, meine Innenwelt und Außenwirkung in Einklang bringen. Ich muss herausfinden, was ich erreichen möchte, was mir dabei wichtig ist und wer ich sein möchte.
Authentisch sein heißt nicht zwingend immer allen Gefühlsregungen, Stimmungen und Launen nachzugeben. Es heißt höchstens sie zu kennen, zu wissen, was man fühlt. So verstanden hilft Authentizität dabei, vertrauenswürdig zu sein, überzeugend und ganzheitlich.
In beruflicher Hinsicht bedeutet Authentizität für mich, meiner Persönlichkeit bei der Arbeit genügend Raum zu geben. Gerade im kreativen Bereich finde ich das enorm wichtig. Schließlich geht es beim Ideen finden, Konzipieren und Texten darum neue Ideen und einzigartige Umsetzungen zu entwickeln. Und was kann einzigartiger sein als ein Fingerabdruck? Mein Fingerabdruck bin ich. Ein Fingerabdruck ist ein einfaches und treffendes Bild für Authentizität.

CG: Welche Plattformen benutzt du für deinen unternehmerischen Außenauftritt? Verwendest du dort spezielle Stilmittel?

Die TextcouchNH: Meine Website ist ganz wichtig für meine Außenwirkung. Hier habe ich einen Auftritt geschaffen, der zeigt, wer die Texterin und Konzepterin Nataša ist. Meine Corporate Identity-Farben Pink und Grün benutze ich seit 2008 und ich finde sie immer noch toll. Die textcouch habe ich erfunden, weil vielen mein Name nicht so leicht von den Lippen geht. Außerdem wollte ich klar machen, dass ich im Home-Office arbeite, dass man sich bei mir entspannt niederlassen kann und ich mir Zeit nehme, um den Kommunikationszielen meiner Klientel auf den Grund zu gehen.
Daneben bin ich natürlich auch in den Social Media unterwegs. Du findest mich auf Facebook, Twitter, Instagram, Snapchat, auf LinkedIn und Xing.
Meinst du mit speziellen Stilmitteln sowas wie die Nataša-Figur auf meiner Website? Wer nach solchen Dingen sucht, darf sich gerne überall umschauen. Ich mache meinen Content allerdings eher intuitiv und situativ, spiele mit den Möglichkeiten gerne herum, probiere Sachen aus. Ich mag das Besondere, den feinen Unterschied, das Augenzwinkern am Rande, das Spiel mit den Möglichkeiten.

CG: Nataša, du steckst hinter textcouch.ch, mit der du seit dem Jahr 2000 als kreative Beraterin, Konzepterin, Texterin und Ideenfinderin unterwegs bist. Seit du 2008 in die Schweiz gezogen bist, arbeitest du zusätzlich noch fest angestellt als Konzeptionstexterin bei der Markenführung der beiden größten Regionalzeitungen Berns der Deutschschweiz mit. Wie wirkt sich dieses „Doppelleben“ auf deine unternehmerische Authentizität aus?

NH: Uiuiui! Doppelleben!!! So ist es nicht: Ich spiele ja mit offenen Karten. Transparenz ist das Stichwort. Und das beantwortet auch diese Frage: Ich bin einfach ich. Auf der textcouch, als Freelancerin, als Unternehmerin und als Angestellte. Und privat natürlich. Das macht meine Authentizität nur facettenreicher ;-)

CG: Was glaubst du: Warum ist es für manche Menschen so schwer, individuelle Wege zu beschreiten und zu den Facetten ihrer Persönlichkeit zu stehen?

NH: Das kann so unterschiedliche Gründe haben, wie es Menschen gibt. Dazu gehören bestimmt Klischeevorstellungen, Mutlosigkeit, Anspruchsdenken, Selbstzweifel, Bequemlichkeit, … Wenn man es negativ sehen will. Aber es gibt bestimmt auch genügend Menschen, die gar keine individuellen Wege beschreiten möchten oder müssen, die aber trotzdem ihre Persönlichkeit dabei nicht verleugnen.

CG: Nach gängiger Definition resultiert Authentizität aus einem Sieg des Seins über den Schein. Doch für mich als Unternehmerin ist es nicht immer einfach zu entscheiden, wie weit meine Echtheit auf professioneller Ebene gehen darf. Wie erlebst du diese Auseinandersetzung? Hat Authentizität Grenzen?

NH: Das kommt darauf, wie man Authentizität versteht. Für mich geht es bei Authentizität eher um einen ganzheitlichen Auftritt, um Überzeugungen und um Persönlichkeit.
Ich kann ja authentisch sein und trotzdem nicht in jedem Moment mein Innerstes nach außen kehren. Ich kann mich auch authentisch inszenieren – wie ich es zum Beispiel mit meiner Nataša-Figur mache. Authentizität hat mehrere Ebenen und bedeutet nicht keine Privatsphäre zu haben. Im Gegenteil: Zum Unternehmertum gehört auch die unternehmerische Persönlichkeit und die hat nun mal ein Privatleben.

CG: Mit Authentizität gehen Begriffe einher wie ….

Natasa auf der TextcouchNH: a. Ehrlichkeit
b. Ganzheitlichkeit
c. Mut

CG: Warum?

NH: a. Ehrlichkeit zu sich und zu anderen. Wer die Antwort auf die Frage „Wer bin ich“ weiß oder fühlt, kann authentisch sein.
b. Wer sich in den unterschiedlichsten Rollen als Ganzheit empfinden und präsentieren kann, ist ein authentischer Mensch.
c. Wer den Mut hat zu sich, seinem Erscheinungsbild, seiner Herkunft und zu seinen Einstellungen zu stehen und sich sein Umfeld entsprechend zu gestalten, der kann Authentizität leben.

CG: Was glaubst du: Warum werden öffentliche Gefühlsausbrüche von Persönlichkeiten heute besonders geschätzt? Der Wutausbruch von Bundesaußenminister Steinmeier hat viel öffentliche Bewunderung erfahren und ist zum echten Youtube-Hit geworden mit mittlerweile mehr als 2,6 Mio. Klicks.

NH: Da möchte ich einfach mal die Gegenfrage stellen: Ist das so? Werden öffentliche Gefühlsausbrüche heute mehr geschätzt als früher? Viele politische Reden, die in die Geschichte eingegangen sind, sind sehr emotional – „I have a dream.“ …
Mit Emotionen lassen sich Inhalte besser verkaufen und Massen leichter manipulieren. Nicht umsonst setzen Werbung und PR gerne auf emotionales Storytelling.
Dieses Wissen gehört ja heute quasi zur Allgemeinbildung. Deshalb haben wir es im öffentlichen Raum auch meistens mit „glattgebügelten“ Gefühlen zu tun. Mit großen Emotionen, die so perfekt inszeniert sind, dass sie einfach nicht mehr glaubwürdig sind. Persönlichkeiten, die es schaffen, in ihren Auftritten diesen Perfektionismus zu brechen, irritieren. Sie wirken glaubwürdig und damit interessant.
Hm, ich möchte bei der Frage nach den Begriffen noch einen vierten Begriff hinzufügen: Mit Authentizität geht unperfekt sein einher. Denn Perfektionismus ist der Tod der Authentizität.

CG: Zum Schluss ein Blick in die Kristallkugel: Welche unternehmerischen Strategien werden in den nächsten Jahren Interesse wecken – und zum Beispiel aus Interessenten Käufer machen?

NH: Moment … die Kristallkugel ist da ein bisschen trübe … Aber da sehe ich etwas … Ich sehe … Menschen, die etwas bewegen wollen. Leute, die ihre Konsumentenrollen bewusst einsetzen, um Wirtschaft mitzugestalten und die Welt ein klitzekleines bisschen besser zu machen. Es bilden sich kleine Gruppen von Menschen, die anders zusammen arbeiten, fair sind, sich unterstützen, die ihr Geld anders einsetzen als bisher, die global vernetzt sind und ihr Wissen teilen, aber im Kleinen sozial- und umweltbewusst handeln. Und diese Grüppchen ziehen Menschen an, die auch so sein wollen. Die Kunden der Zukunft wollen nach wie vor Leistung, aber auch Wissen und Werte. Die Menschen werden immer älter und irgendwann verstehen sie hoffentlich, dass sich langfristige Planung, echte Partnerschaften und Fairness doch auszahlen. Oh weh! Jetzt wird man mich für naiv halten. Was soll’s!


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Bildquellenangabe: Nataša Herlth

 

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