Im Interview – Norbert Gilles

“Mein „Stilmittel“ ist kontinuierliches Mitdenken.”

Norbert Gilles als SpeakerNorbert kenne ich nun schon seit sehr vielen Jahren, denn wir beide sind im Orga-Team des Barcamp RheinMain. Norbert ist ein Macher mit ganz vielen Ideen, der mit seiner ruhigen Art auch im größten Chaos den Überblick behält – eine sehr wertvolle Eigenschaft, wenn es darum geht, jedes Jahr eine zweitätige Un-Konferenz für 300 Digitalverrückte zu veranstalten ;o) Ich freue mich sehr, dass er mit seinen nachdenklichen Antworten Teil dieser Interviewreihe ist.


CG: Seit 2008 machst du mit deiner Agentur giinco digitale Kommunikation; Du berätst kleine und große Unternehmen, entwickelst Design und übernimmst die Planung und die Umsetzung solcher Projekte. Außerdem organisierst du im Team jedes Jahr das Barcamp Rhein-Main und bist eigentlich auf jeder Veranstaltung im Rhein-Main-Gebiet zu treffen, bei der es um Digitales geht. Gibt es einen Unterschied zwischen dem digitalen und dem analogen Norbert? Wenn ja, warum? Wenn nein, warum nicht?

NG: Ich denke nicht. Du beschreibst den digitalen Norbert ja als Hans Dampf in allen Gassen. Das bin ich im Analogen auch. Andere Gassen halt. Wobei sich diese Definition ja auch wenig nach der Arbeit-Norbert und der Privat-Norbert anhört.
Da gibt es eigentlich auch keine Trennung. Ich bin natürlich auf einer Veranstaltung mitunter in einer anderen Rolle, als abends im Biergarten. Aber ich atme nicht vorher durch und sage „so, jetzt Event Lächeln aufsetzen“ oder sitze im Biergarten und denke mir „jetzt muss ich mal nicht so oder so sein“. Ich denke da gar nicht so richtig drüber nach. Ich bin anders fokussiert. Das kann man sagen. In einem Vortrag bin ich sehr auf mein Publikum konzentriert und versuche hier wirklich sehr aufmerksam zu sein. Im Biergarten träume ich auch schon mal vor ich hin.
In der Agentur wird mir gesagt, dass man nicht unterscheiden kann, ob ich mit jemanden spreche, der im Raum ist, oder telefoniere. Ich glaube, ich bin einfach durchgängig derselbe Typ, egal wann und wo man mich trifft.

CG: Was macht diese Personenmarke aus?

NG: Ich besetze über meine Tätigkeit als Speaker eine bestimmte Nische. Für das Thema habe ich mich bewusst entschieden und auch, dass ich als Speaker präsent sein möchte. Das bedeutet einiges an zusätzlicher Arbeit und zusätzlichen Terminen. Aber das wollte ich so. Also was bin ich als Personenmarke? Ein Experte für ein interessantes Thema (Behavioural Design), welches strategisch aber auch operativ funktioniert. Ich kann auf viele dieses Thema betreffende Fragen Ad-hoc erschöpfende Antworten geben.

CG: Authentizität ist ein Modebegriff – viele Unternehmen und Selbstständige schreiben sich Echt sein auf die Fahnen. Welche Bedeutung hat Authentizität für dich und deine Arbeit?

NG: Ich mache das, was ich gerne mache. Dafür gebe ich viel. Ich heuchle kein Interesse, ich bin wirklich interessiert.

CG: Warum ist es so schwer für viele Menschen, individuelle Wege zu beschreiten und das zu tun, was uns wirklich ausfüllt?

Norbert Gilles im GesprächNG: Ich denke, dass sich viele von äußeren Umständen in eine Situation gedrängt fühlen, aus der sie nicht herauskommen oder nicht anderes handeln können.
Man kann Folgendes tun: Man kann Verantwortung für sich selbst übernehmen und verstehen, dass diese Haltung eine Entscheidung ist. Ich kann mich auch anders entscheiden. Entscheidungen haben immer Konsequenzen. Ich kann mir also aussuchen, mit welchen Konsequenzen ich leben möchte. Egal wie ich mich entscheide, es ist meine Entscheidung und ich gehe mit den Konsequenzen um.
Ich glaube aber auch, dass diese Denkweise eine große Hürde ist. Es klingt viel einfacher, als es ist. Ich versuche, zumindest so zu leben. Damit werden alle meine Wege automatisch individuell. Sind ja meine Entscheidungen.

CG: Welche Plattformen benutzt du für deinen unternehmerischen Außenauftritt? Verwendest du dort spezielle Stilmittel? Welche Strategie verfolgst du langfristig?

NG: Die Plattformen, die ich wirklich nutze sind Veranstaltungen. Ich gehe raus und rede über meine Themen (im Moment eher online). Darüber ergeben sich dann Kontakte, die vielleicht erst in ein paar Jahren zu tatsächlichen Anfragen und Projekten für unsere Agentur führen. Aber mittlerweile haben wir den Luxus so langfristig denken zu können.
Andere „Plattformen“ sind Empfehlungen innerhalb der Unternehmen, die schon unsere Kunden sind. Diese internen Empfehlungen sind sehr, sehr wertvoll.
Mein „Stilmittel“ ist kontinuierliches Mitdenken. Wenn ich mich mit jemanden über Ideen für Produkte oder Webseiten spreche, tue ich so, als ob ich einen Auftrag habe. Ich mache also ernsthafte Vorschläge. Im Rahmen des Gesprächs ist das auch alles kostenfrei. Wenn der Funke zündet und es zu Folgegesprächen zu diesem Thema kommt, lenke ich den Blick langsam darauf, dass man jetzt mal ein Projekt daraus machen sollte. Klappt manchmal.

CG: Nach gängiger Definition resultiert Authentizität aus einem Sieg des Seins über den Schein. Doch für mich als Unternehmerin ist es nicht immer einfach zu entscheiden, wie weit meine Echtheit auf professioneller Ebene gehen darf. Wie erlebst du diese Auseinandersetzung? Hat Authentizität Grenzen?

NG: Puh, diese Definition finde ich schwierig. Das postuliert ja, dass es ein echtes, wahrhaftiges Ich gäbe, mein Sein. Und ich aber in einem Schein gefangen bin. Also in einer Art Schauspiel, welches ich aufführe und welches nicht mich zum Thema hat, sondern irgendetwas anderes, scheinbares.
Ich bin kein Psychologe, aber ich glaube nicht, dass es so etwas wie das nackte, allem zugrunde liegende Ich gibt. Ich bin permanent in irgendeiner Rolle: Agenturchef, Ehemann, Freund, Gast, Referent, Sportler, Autofahrer etc.
Ich kann das gar nicht ablegen. Was soll denn dann übrig bleiben?
Ich würde dem entgegenstellen, dass Authentizität dann gegeben ist, wenn ich die Verantwortung für meine Entscheidungen und die daraus resultierenden Konsequenzen übernommen habe. Oder kurz gesagt, wenn ich mit meinen Entscheidungen im Reinen bin.

CG: Mit Authentizität gehen Begriffe einher wie ….

Norbert Gilles im GesprächNG: a. Ernsthaftigkeit/b. Verantwortung/c. Selbstbewusst
Wenn ich Verantwortung für mich oder für etwas übernehme, wirkliche Verantwortung, dann resultiert daraus Ernsthaftigkeit. Ich kann zum Beispiel nicht sagen „Ich mache das!“ und mir heimlich denken „was ein Quatsch!“. Also… kann man machen, ist dann nicht authentisch.

CG: Was glaubst du: Warum wird Authentizität von vielen Menschen ganz besonders geschätzt?

NG: Authentizität macht Menschen ein Stück weit berechenbar. Das finden viele gut. Zu wissen woran man ist. Man glaubt, dann auch eben den „echten“ Menschen vor sich zu haben und nicht einen Menschen in einer Rolle. Aber… siehe oben. Ich bezweifle, dass es das so pur überhaupt gibt.

CG: Zum Schluss ein Blick in die Kristallkugel: Mit welchen Strategien wirst du in den kommenden Jahren die Aufmerksamkeit der potenziellen Kundinnen und Kunden auf dich ziehen?

NG: Du meinst neben der hohen Qualität unserer Arbeit? Tatsächlich versuchen wir, Qualität sehr holistisch zu betrachten. Für uns bedeutet Qualität auch, dass Kunden gerne mit uns zusammenarbeiten. Nicht jedes Projekt ist Rock ’n’ Roll. Aber egal warum es geht, der Kunde soll sich wohlfühlen und ernst genommen. Wir bekommen 99 % unserer Projekte über Empfehlungen. Die machen das nicht, weil wir so günstig waren.

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Bildquelle: Norbert Gilles

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