Auftrag ablehnen

Nein sagen: 5 Gründe, warum du einen Auftrag ablehnen solltest.

Sprechblase NEINBitte wie? Einen Auftrag ablehnen? Wo gibt’s denn so was? Das ist ja echt dreist. Denn gerade wir Einzelselbstständigen sollten doch froh über jeden einzelnen Auftrag sein!

Doch in meinen fast 17 Jahren Selbstständigkeit habe ich 5 handfeste Gründe identifiziert, warum wir manchmal einen Auftrag ablehnen sollten:

1. Der Auftrag passt nicht zu dir.

Die meisten von uns sind klar positioniert: Die einen erhalten ihre Aufträge von Global Playern aus der Medizinbranche. Die anderen schreiben Texte und Konzepte für kleine und mittelständische Unternehmen. Manche von uns gehen für einen Auftrag direkt in die Unternehmen vor Ort. Andere arbeiten aus einem Co-Working-Space oder aus dem Homeoffice. Ein Grund, warum wir genau diese Kundschaft haben, könnte zum Beispiel sein, dass wir in einer bestimmten Branche eine besondere Expertise haben. Oder weil wir gerne als Freelancer für wechselnde Unternehmen und immer andere Teams arbeiten, damit wir uns nicht langweilen.

PuzzleteileWarum solltest du also zum Beispiel einen Textauftrag aus der Medizinbranche annehmen, wenn du eigentlich eine Expertise für Maschinenbau hast? Welchen Sinn macht es, einen Beratungsjob für ein deutsches KMU anzunehmen, wenn du eigentlich auf internationale Teams weltweit agierender Unternehmen spezialisiert bist? Und wenn du sonst für ökologisch orientierte Unternehmen arbeitest – warum solltest du plötzlich für die Atomindustrie arbeiten? Genau, es macht keinen Sinn. Aber sowas von überhaupt keinen Sinn.

Doch solche, unpassenden Aufträge anzunehmen birgt noch weitere Gefahren. Du könntest mit einem einzigen Auftrag zum Beispiel deine eigene Positionierung verwässern. Und deiner Marke nachhaltigen Schaden zufügen. Denn wer glaubt dir noch, dass du auf Nachhaltigkeit spezialisiert bist, wenn du außerdem noch sprit- und ressourcenfressende Riesenautos betextest? Wenn du in deiner Arbeit eigentlich auf eine sehr junge, hippe Zielgruppe fokussiert bist, wie sollst du dann glaubhaft Rehaprodukte für Menschen über 60 vermarkten? Du solltest also jeden Auftrag genau betrachten. Und unpassende Auftrage ablehnen.

2. Der Zeitrahmen stimmt nicht.

SanduhrIch plaudere mal aus dem Nähkästchen: Früher habe ich manchmal für Agenturen gearbeitet, die mich gerne an einem Freitagnachmittag mit einem Briefing versorgt haben. Dagegen ist erst mal nicht zu sagen, aber in der E-Mail stand manchmal folgender Satz: “Wir brauchen den Text dann bis Montag früh! Danke dir.” Zack, hier wurde mal eben mein Wochenende verplant. Und das, ohne vorher mit mir zu sprechen! Ja, es gibt brandeilige Aufträge, die übers Wochenende erledigt werden müssen. Das ist klar. Aber dann sollten alle Beteiligten das VOR einem Briefing in einem Telefonat besprechen. Außerdem wichtig: Die Bezahlung muss stimmen, denn Wochenendarbeit muss mit einem ordentlichen Zuschlag vergütet werden. Auch bei uns Selbstständigen.

Manchmal sind die zeitlichen Vorgaben eines Auftrags schon okay, aber du bist ausgelastet: Im letzten Jahr sollte ich zum Beispiel 22 Webseitentexte in 3 Werktagen schreiben. Ich hätte das auch wirklich gerne gemacht. Aber mein Schreibtisch war zu dieser Zeit ohnehin schon sehr voll. Zusätzlich konnte ich die anderen Aufträge zeitlich nicht schieben. Schweren Herzens habe ich diesen tollen Auftrag also an eine Kollegin weitergegeben. Damit habe ich dann zwar kein Geld verdient, aber ganz im Sinne meines Kunden gehandelt. Und natürlich auch in meinem. Denn die textlichen Ergebnisse von durchgearbeiteten Nächten sind verständlicherweise manchmal nicht so gut wie die, die ich an normalen Arbeitstagen produziere.

3. Die Bezahlung ist nicht angemessen.

Ein Kessel voller GeldStell dir vor du bekommst eine Jobanfrage, die sich erst mal total spannend anhört. Thema und Briefing stimmen, auch das Telefonat war nett. Doch dann kriegst du Schnappatmung, wenn ihr übers Geld redet. Schon während des Telefonats hast du fix ausgerechnet, dass die Preisvorstellung deines Gegenübers deine Preisvorstellung weit unterschreitet. Texterinnen und Texter sollten sich zum Beispiel an dem vom Texterverband empfohlenen Stundensatz von 90 Euro orientieren. Manchmal lässt sich eine von der Kundschaft genannte Preisvorstellung während der Verhandlungen noch nach oben korrigieren. Oder die gewünschte Leistung nach unten. Und mit dem ausgehandelten Ergebnis könnt ihr beide zufrieden sein.

Doch in anderen Fällen solltest du ganz klar NEIN sagen. Denn ein schlecht bezahlter Job wird weder dich noch dein Konto glücklich und zufrieden machen. Im Gegenteil, du wirst dich ganz sicher darüber ärgern, dass du diesen Job angenommen hast. Ganz besonders übel wird es dann, wenn dieser Job sich auch noch als echter Zeitfresser herausstellt. Weil du zum Beispiel tagelang hinter wichtigen Informationen herlaufen musst. Oder Termine von der Kundschaft nicht eingehalten werden. Außerdem ist Geld Teil der Wertschätzung! Meiner Erfahrung nach werden Dinge, die nicht ordentlich bezahlt werden, von Kundinnen und Auftraggebern auch sonst nicht sonderlich wertgeschätzt. Also Finger weg! Auch dann, wenn du den Auftrag sehr gut gebrauchen könntest!

4. Das Briefing ist rudimentär.

Eine ListeBei meiner Zielgruppe aus kleinen und mittelständischen Unternehmen ist es oft so, dass ich gemeinsam mit der Kundschaft ein Briefing erarbeite – diese Arbeiten sind dann Bestandteil meines Angebots. Denn meine Zielgruppe ist meist nicht sonderlich marketingaffin und weiß manchmal gar nicht so genau, was sie eigentlich will. Ich werde hier also zu Beraterin und helfe zum Beispiel dabei, die Alleinstellungsmerkmale eines Unternehmens zu definieren. Oder Klarheit in Sachen Positionierung zu erreichen.

Doch nicht alle Anfragenden verstehen, warum du ein umfassendes Briefing für deine Arbeit brauchst. Ich sollte zum Beispiel mal regelmäßig Blogbeiträge für einen Autor und Speaker schreiben. Das Thema war spannend, ich hätte das gerne gemacht. Doch das erste Briefing bestand aus zwei kopierten Seiten aus seinem Buch, aus dem ich dann einen Blogbeitrag machen sollte … alle weiteren Informationen fehlten. Seinen Unwillen, mehr Zeit in sein Blog zu investieren, maskierte er mit dem Satz: “Sie haben freie Hand!” Ich habe diesen Auftrag abgelehnt, denn mit einem Minibriefing dieser Art kann ich keinen Blogbeitrag schreiben, der wirklich zu diesem Kunden passt. Außerdem war die angebotene Bezahlung sehr schlecht, sodass ich diesen Job insgesamt wegen Grund 3 und 4 abgelehnt habe.

5. Dein Bauchgefühl sagt Nein.

Das BauchgefühlVor einigen Jahren habe ich mein Bauchgefühl zu meinem Mitarbeiter des Monats gekürt. Denn einige unschöne Erlebnisse mit Kundinnen und Auftraggebern haben mir eins klargemacht: Vor allem die Aufträge gingen schief, bei denen mein Bauch schon im ersten Telefonat NEIN gesagt hat. Als kopfgesteuerter Mensch habe ich diese Warnungen nicht ernst genommen. Doch diesen mangelnden Respekt meiner Intuition gegenüber habe ich manchmal teuer bezahlt. Mit meinen Nerven, mit meiner Zeit und dann natürlich auch mit Geld.

Dir ist jemand schon beim ersten Telefonat unsympathisch? Es stört dich etwas gleich bei der Kontaktaufnahme via Social Media? Oder wirst du bei den Verhandlungen rund um einen Job das Gefühl nicht los, dass ihr aneinander vorbeiredet? Dass die Ansprüche des Anfragenden nicht zu dem passen, was an Input geliefert wird? Dann sei mutig und lehne diesen Auftrag ab. Denn dein Bauchgefühl gibt dir hier sehr wertvolle Ratschläge, die du nicht missachten solltest.

Alles klar. Aber wie lehnt man einen Auftrag ab?

Mann will Absage schreibenJa, ich weiß, es ist sehr schwer, einen Auftrag abzulehnen. Niemand möchte schließlich andere Menschen vor den Kopf stoßen oder sogar verärgern. Auf der anderen Seite bist du aber nicht umsonst selbstständig! Du darfst deine speziellen Freiheiten auch nutzen, wenn du gute Gründe wie die 5 dort oben hast.

Ich habe die Erfahrung gemacht, dass Ehrlichkeit und Offenheit auch bei einer Absage sehr gut funktionieren. So habe ich zum Beispiel mal einen Auftrag aus der Waffenindustrie abgelehnt, in dem ich erklärt habe, dass ich für diese Branche nicht arbeiten möchte. Mein Gegenüber nahm das sehr entspannt auf. Er hat mich nach meiner Mail sogar angerufen und sich bedankt für meine Absage. Denn dieser Interessent wusste ganz genau, dass eine Texterin, die bei einem Projekt Bauchweh verspürt, nicht die Richtige ist für diesen Job.

Manchmal schreibe oder antworte ich auch, dass ich keine Zeit habe. Das mache ich zum Beispiel, wenn mir etwas schon an der Anfrage nicht gefällt. Denn ein Hinweis auf mein warnendes Bauchgefühl ist dann wohl doch zu vage ;o) Um dein Gegenüber nicht zu verärgern, solltest du deinen Absagetext höflich und freundlich aufbauen:

  • Bedanke dich für die Anfrage – schließlich ist es toll, dass diese Anfrage auf deinem Schreibtisch landete.
  • Nenne den Grund für deine Absage – und zwar ganz egal, ob du zum Beispiel die Zeit vorschiebst oder ob du einen echten Grund nennen willst.
  • Wünsche alles Gute – denn einen solchen netten Wunsch hat jeder Mensch verdient.

Wenn du den Auftrag absagst, weil dein Schreibtisch zu voll ist oder das Thema nicht zu dir passt, kannst du gerne eine Kollegin oder einen Kollegen empfehlen. Die meisten Menschen finden es super, wenn sie eine Empfehlung erhalten. Noch dazu, wenn sie von der Person kommt, die sie eigentlich für ihren Auftrag ausgesucht hatten. Und die Person, die du weiterempfiehlst, freut sich ganz bestimmt auch. Denn es zeigt, dass du deren Arbeit sehr schätzt. So sehr, dass du dieser Person zutraust, dich zu ersetzen.

Nun bin ich neugierig: Welche Erfahrungen hast du gemacht mit der Ablehnung von Aufträgen? Hast du noch weitere Tipps für mich? Ich freue mich über Kommentare und Ergänzungen unter diesem Blogbeitrag ;o)

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Bildquellenangabe: Pixabay

8 Kommentare zu „Auftrag ablehnen“

  1. So richtig! Und aus eigenem Erleben kann ich nur sagen, es geht einem hinterher, also nach dem ausgesprochenen NEIN, richtig gut, denn man hat zu seinen Prinzipien gestanden und ist sich treu geblieben. Man hat sich wertgeschätzt. VG, Doreen

  2. 100% getroffen! Danke! Bin auch seit 17 jahren selbstständige Texterin und mache immer wieder diese Erfahrung. Vor allem die Briefings Freitag nachmittag nehmen zu und ich ärgere mich immer, wenn dann 2 Wochen kein Feedback kommt!

  3. Danke für den tollen Beitrag. Damals habe ich als blutiger Anfänger Aufträge angenommen, die mich viel Zeit und Nerven gekostet haben. Es waren Kunden, die das Handwerk eines Texters nicht wirklich respektieren. Das zusätzliche Problem ist, dass dann Ressourcen fehlen, die man für Folgeaufträge benötigt, und zwar für gute Aufträge. Mittlerweile bin ich vorsichtiger geworden, um die Zeit sinnvoller zu investieren.

    1. Hallo Robert,

      ja, der fehlende Respekt ist oft das Problem. Schreiben kann ja schließlich jeder, haha ;o)
      Toll, dass du deinen Weg gefunden hast!

      Viele Grüße sendet
      Christa

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