Blogparade: Endstation Texterstrich

8 Tipps, mit denen du nicht auf dem Texterstrich landest. Oder dich aus diesem Milieu befreien kannst.

Vorab: Dieser Beitrag ist im Rahmen einer Blogparade des Teams von Content Cure entstanden. Ich hab mich blitzverliebt in den provokanten Titel – auch wenn ich als Frau wieder mal nur mitgemeint bin. ;o) Inhaltlich habe ich hoffentlich auch einiges beizutragen nach 18 Jahren Selbstständigkeit als Texterin und Konzeptionerin. Los gehts!


Von kleinen Brötchen. Und Baguettes.

Die roten Laternen des Texterstrichs

Als ich mich im Frühjahr 2003 selbstständig gemacht habe, geschah das eigentlich aus der Not heraus: Ein Jahr vorher hatte ich meinen Job als festangestellte Texterin bei einer kleinen Frankfurter Werbeagentur verloren. Denn nach dem 11. September 2001 wurden viele Werbeetats eingefroren – zack, mein Job war weg. Danach habe ich einige Monate für eine große deutsche Bank gearbeitet. Eine Episode, die ich gerne verdränge, denn dieser Job war aus sehr vielen Gründen richtig schlimm. Aber in dieser Zeit habe ich mein finanzielles Polster für die ersten Monate als selbstständige Texterin und Konzeptionerin verdient.

Tollerweise konnte ich vom ersten Tag an von meiner Selbstständigkeit leben, und zwar ganz ohne Texterstrich. Damals habe ich erst selbst nicht daran geglaubt, doch die sprichwörtlichen kleinen Brötchen waren von Anfang an nicht zu klein! Und ich war endlich meine eigene Chefin, yeah! Meine Kundschaft kam zu dieser Zeit genau wie heute vor allem über Empfehlungen: von Kundinnen und Kunden, die mit meiner Arbeit zufrieden waren, und sogar aus dem Kreis meiner Freundinnen und Freunde. (TIPP 1: Bitte aktiv um Empfehlungen.)

Im Lauf der Jahre kamen dann die ersten großen Firmen und damit die Baguettes: So arbeitete ich zum Beispiel lange für die Automobil-Industrie und auch für die Energieversorgungs-Branche. Außerdem habe ich bei längerfristigen Verpflichtungen immer wieder meine Stundensätze nachverhandelt – und zwar genau dann, wenn wir wieder gemeinsam ein größeres Projekt abgeschlossen haben. (TIPP 2: Verhandele bei der Bestandskundschaft immer mal wieder nach.) So habe ich damals meinen Stundensatz von 60 Euro auf 75 Euro hochgeschraubt.

Ein strategischer Fehler.

Zwischendrin hatte ich allerdings auch mal größere Probleme, denn ich habe einen strategischen Fehler begangen und bis zu 80 % meines Umsatzes mit einem einzigen Auftraggebenden verdient. Das waren sehr bequeme Zeiten, keine Akquise, jeden Monat eine dicke Rechnung schreiben, das wars. Doch dann hieß es plötzlich: Christa, wir haben umstrukturiert, wir brauchen dich nicht mehr! Boar, ging mir der Arsch auf Grundeis! Wie sollte ich von den verbliebenen 20 % Umsatz leben? Das ging doch gar nicht!

Beruhigt hat mich erst mal mein Sparstrumpf, denn ich hatte in den guten Zeiten Geld zurückgelegt, ich musste also auch nicht zur Überbrückung auf den Texterstrich. (TIPP 3: Lege Geld zurück für schlechte Zeiten.) Ich habe alle Kosten so gut es ging reduziert, und gemerkt, dass ich vom Sparstrumpf mehrere Monate auf Sparflamme leben kann – was ein Glück! Dann habe ich als Erstes analysiert, was ich falsch gemacht habe. Klar, die Lösung war einfach: Ich hab mich einlullen lassen von der Bequemlichkeit, die so ein riesiger Auftrag mit sich bringt.

Es gab nur einen logischen Schluss: Nie wieder werde ich langfristig in einer solchen Konstellation arbeiten. (TIPP 4: Verdiene nie den größten Teil deines Geldes mit nur einem Unternehmen.) Große Jobs, die mich über mehrere Monate umfassend beschäftigen, mache ich bis heute gerne. Aber eben mit einer begrenzten Stundenzahl pro Woche und der Aussicht auf ein Ende. Und zur Unterstützung habe ich ein Netzwerk aus lieben, zuverlässigen Kolleginnen und Kollegen im Hintergrund, die mich textlich unterstützen können. So muss ich auch in diesen Volllast-Zeiten keine neuen Aufträge ablehnen.

Apropos Netzwerk!

Ein buntes Netzwerk entsteht

Nach 18 Jahren Selbstständigkeit schmettere ich immer noch ganze Arien auf mein tolles, buntes Netzwerk. (TIPP 5: Bau dir ein Netzwerk auf und pflege es.) Denn mit der Unterstützung dieser wunderbaren Menschen habe ich so manche Herausforderung gemeistert! Meine beruflichen Netzwerke sind:

  • Der Texttreff – das weltbeste Netzwerk mit vielen Hundert Frauen, die sich liebevoll und äußerst professionell gegenseitig unterstützen. Wenn du eine Texterin bist, lege ich dir den Texttreff unbedingt ans Herz! Ich habe dort viele tolle Frauen (“Textinen”) kennengelernt – es ist sogar so manche wunderbare Freundschaft dort entstanden. Außerdem arbeite ich fast jeden Tag mit anderen Textinen zusammen, denn mit mehreren Personen können wir auch Aufträge wuppen, die eine allein nie schaffen würde. Bewirb dich doch einfach mal!
  • Der Texterverband – Fachverband freier Werbetexter e. V. – ich gebe zu: Ich hab mich jahrelang darum gedrückt, mich dort zu bewerben. Denn ich hatte solche Angst, abgelehnt zu werden! Was hätte ich dann gemacht? Herrje, ich hab echt schlecht geschlafen deswegen. Doch dann habe ich mir mit einigen Textinen Ende 2016 ein Herz gefasst, und wir haben uns dort beworben. Die Freude war groß, als wir alle genommen wurden! Vielleicht schaffst du das auch im Team, wenn ihr euch gegenseitig motiviert?
    Der Texterverband hat meiner Selbstständigkeit noch einen weiteren Boost verpasst. Denn mit dem Marktmonitor hatte ich endlich eine Zahlenbasis, die ich rege für meine Angebote nutze. Außerdem darf ich das Label “Professionelle Texterin – anerkannt vom Fachverband” nutzen. Denn wir Profis haben ja das Problem, dass sich jeder Mensch Texterin oder Texter nennen darf, schließlich ist unser Job leider kein geschützter Beruf! Auch die enge Verbindung zu anderen Leuten aus meiner Branche hat mich beflügelt, denn auch hier gibt es immer mal wieder Jobs, die wir zusammen erledigen. Oder Tipps rund um Steuern, nicht bezahlte Rechnungen, die Bloggerei, das Urheberrecht oder die Diskussion rund ums Gendern. Und natürlich sind auch hier wunderbare Freundschaften entstanden!
    EXKURS: Du denkst nun vielleicht, dass der Texterverband ein Verband nur für Männer ist. Ja, das kann ich verstehen, ich finde den Namen heute auch nicht mehr zeitgemäß. Und so geht es vielen anderen Mitgliedern auch! Deswegen haben wir auf der letzten Hauptversammlung beschlossen, dass sich der Verband umbenennen wird. Gerade sammeln wir Vorschläge und Ideen, über die dann auf der nächsten Hauptversammlung im nächsten Jahr abgestimmt wird. Die Tage des Männerverbands sind also gezählt, auch andere Geschlechter werden in Zukunft im Namen unseres Verbands präsent sein, yeah!

Von der Kunst, Nein zu sagen.

Wenn ich heute zurückblicke auf meinen Werdegang, dann kann ich eins mit Gewissheit sagen: Ich verdiene gut, weil ich oft Nein sage. (TIPP 6: Lerne, NEIN zu sagen.) Nein zu Projekten, zu denen mein Bauch Nein sagt, deren Thema ich langweilig oder sogar ganz schlimm falsch finde. Oder auch, wenn die Rahmenbedingungen wie Zeit oder Bezahlung nicht passen. Ja, Nein sagen ist eine Kunst, die ich üben musste! Mehr Infos zum Nein sagen findest du im Blogbeitrag “5 Gründe, warum du einen Auftrag ablehnen solltest.”

Auch zum Texterstrich habe ich immer NEIN gesagt. Denn dann hätte ich mir lieber einen anderen, besser bezahlten Job gesucht. So habe ich mich auch schon zu Unizeiten durchgeschlagen: Ich habe Edelporzellan verpackt, als Sekretärin oder auf dem Bau gearbeitet und war viele Jahre die freundliche Telefonstimme eines Immobilienmaklers. Ich habe den Job gewechselt, wenn ich ein besseres Angebot hatte. Das musste nicht immer etwas mit Geld zu tun haben – manchmal habe ich auch Jobs gewechselt, weil ich inhaltlich nicht mehr zufrieden war. Doch das Texten macht mich bis heute sehr glücklich! Aber dazu gehört meiner Meinung nach zwingend eine gute Bezahlung. Und zwar deswegen:

Wir haben einen Job, für den wir viele Qualifikationen brauchen!

  • Wir organisieren uns selbst – zeitlich, inhaltlich und natürlich auch in Sachen Urlaub, Rente, Versicherungen etc. Und manchmal organisieren wir sogar unsere Kundschaft. ;o)
  • Wir bilden uns fort – denn auch die Texterei bleibt nicht stehen. Ich habe in der Printwelt gelernt, heute mache ich fast ausschließlich digitale Projekte wie Websites oder Social Media. Dazwischen lagen vielevieleviele Fortbildungen, Bücher, Blogs und der Austausch mit Kolleginnen und Kollegen.
  • Wir saugen Wissen blitzschnell ein – gerade solche Texterinnen und Texter wie ich, die nicht auf ein bestimmtes Thema spezialisiert sind, müssen sich ganz schnell in teilweise hochkomplexe Themen einarbeiten!
  • Wir brauchen Zeit für uns – Zeit für Akquise, Selbstvermarktung, Urlaub, Krankheit, Weiterbildung etc. Manchmal brauchen wir auch Zeit, um eine Idee zu bekommen und dann weiterzuentwickeln.
  • Wir entwickeln unser Angebot weiter – passt es noch zur Zeit? Zu uns? Zu unseren Zielgruppen? Ich zum Beispiel gehe immer weiter in die Konzeption und Beratung. Das sind dann Aufgaben, die noch viel besser bezahlt werden als das Texten. Doch mein Türöffner ist weiterhin der Text!

Das alles sollen wir für ein paar Cent pro Wort auf dem Texterstrich leisten? Nein, das geht gar nicht. Also bitte, liebe Kolleginnen und Kollegen: Seid selbstbewusst und lehnt solche Aufträge ab. Denn sie werden euch NIE dabei helfen, eine gut gesicherte Existenz als Selbstständige aufzubauen. Im Gegenteil: Solche Aufträge werden euch Zeit rauben, euch Nerven kosten und an eurem Selbstwertgefühl kratzen. Denn eine angemessene Bezahlung gehört zur Wertschätzung dazu!

Zum Abschluss: Wie geht das mit den guten Preisen?

Ganz ehrlich: Ich finde Geld eigentlich doof. Und ich kann nicht rechnen. Doch erstens leben wir im Kapitalismus und zweitens gibt es Programme, die Rechnungen für mich schreiben. Und dann wohnt in mir auch noch eine kleine Philosophin, die immer wieder überlegt, wie sie Preise fair und angemessen gestalten kann. Die Philosophin hat Folgendes erkannt: Wenn jemand wie ich schon seit fast 25 Jahren professionell schreibt, dann schreibt diese Person sehr schnell. Warum sollte diese Person also Stundensätze berechnen? Dann verdient sie viel weniger als eine Person, die noch nicht so viel Erfahrung hat und ggf. langsamer arbeitet!

Also habe ich meine Preisfindung komplett umgestellt: Ich überlege mir, welchen Nutzen die Kundschaft davon hat, wenn ich das Konzept oder die Texte schreibe oder sie berate. Meine Angebote bestehen daher fast immer aus einem Festpreis, den ich über eine Mischkalkulation aus Stundensatz und Nutzen berechne. (TIPP 7: Berechne deine Preise nicht ausschließlich auf Stundenbasis.)

Mein Stundensatz kommt erst ins Spiel, wenn es um Arbeiten geht, die über das Festpreis-Angebot hinaus gehen. Doch ich muss nur äußerst selten etwas nachberechnen. Denn ich stelle schon in der Angebotsphase viele Fragen und weiß recht genau, was mit einem Auftrag auf mich zu kommt. Außerdem sind bei mir immer verschiedene Phasen definiert, in denen ich der Kundschaft den aktuellen Stand vorstelle. An diesen Punkten ist auch jeweils eine Feedbackschleife mit einberechnet. (Tipp 8: Schreibe detailreiche, durchdachte, angemessene Angebote.) Mit dieser Art von Kostenvoranschlag habe ich sehr gute Erfahrungen gemacht! Vielleicht versuchst du das auch mal?

Mach dich frei vom Texterstrich!

Superwoman

Ich freue mich, wenn ich dir vielleicht etwas Mut machen konnte. Vielleicht kannst du dich ja aus dem Texterstrich befreien? Indem du dir die Unterstützung von anderen suchst? Dein Angebot schärfst? Öfter mal NEIN sagst? Und dir ganz genau überlegst, was deine Kundinnen und Kunden eigentlich von deinen Texten haben? Das macht dich selbstbewusster, da bin ich mir ganz sicher!

Und wenn du dir deiner Selbst und deines Wertes bewusst bist, dann kannst du auch andere Preise aufrufen und dieses fiese, schlecht bezahlte Milieu mit dem grässlichen Namen Texterstrich verlassen. Im Resultat wirst du zufriedener, hast mehr Zeit, kannst dich besser konzentrieren und fokussieren. Und kannst natürlich dann auch bessere Arbeitsergebnisse abliefern. Deine Kundschaft hat also auch ganz schön viel von deinen höheren Preisen. ;o)

… denn du schadest nicht nur dir selbst.

Noch eine Anmerkung: Jeder Mensch, der auf dem Texterstrich arbeitet, schadet nicht nur sich selbst – das haben auch schon die Kolleginnen und Kollegen von contentcure festgestellt. Denn diese Billigtext-Plattformen und -Angebote färben auf unsere gesamte Branche ab. Und so kommen auch bei mir immer wieder Texterstrich-Anfragen rein, die ich als unsittlich empfinde. Manchmal lehne ich sie mit einer saftigen Antwortmail ab – manchmal lösche ich sie auch einfach nur. Doch geärgert habe ich mich schon häufiger über solche Anfragen. Denn sie zeigen, dass hier keine Wertschätzung da ist gegenüber den Texten, die ich mit viel Hirnschmalz, Wissen und Liebe entwickle. Und: Je mehr Menschen für Dumpingpreise arbeiten, desto eher werden diese niedrigen Preise von den Auftraggebenden als selbstverständlich empfunden.

Meine Texte sind nicht nur einfaches Suchmaschinenfutter. Meine Texte sind ganz viel mehr: Sie vermitteln Wissen, sie zeigen ein Unternehmen oder eine Person in der ganzen Pracht, sie klären auf, sie emotionalisieren, sie verkaufen. Sie tun eben genau das, was die Kundschaft sich wünscht. Manchmal sind sie sogar einfach “nur” lustig! Und das alles soll nur 3 Cent pro Wort wert sein? Nein, natürlich nicht!

Als Erstes solltest du zum Beispiel mal ausrechnen, wie viel Geld du zum Leben wirklich brauchst. Obacht, das Ergebnis wird vermutlich höher sein, als du erwartest – aber nur, wenn du wirklich ehrlich bist. Denn auch deine Urlaubs-, Akquise und Buchhaltungszeiten müssen durch deinen Stundenlohn mit abgedeckt sein! Der Texterverband empfiehlt nicht ohne Grund einen Stundensatz von 90 Euro netto. Wenn ich meine Pauschalpreise umrechne komme ich auf weit höhere Stundensätze – was ein Glück!

Hier gehts zu verschiedenen Stundensatzrechnern:

Du hast dich gerade als Texterin oder Texter selbstständig gemacht?

Dann interessiert dich vielleicht auch noch dieser Blogbeitrag: 7 Tipps, die ich mir zu Beginn meiner Selbstständigkeit gerne selbst gegeben hätte. Du willst mehr über meinen Werdegang wissen? Dann bitte hier entlang: (M)eine Geschichte. Ich bin ich. Und ich bin bares Geld wert.

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Bilder: Pixabay

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