Im Interview – Christina Mohr

“Man ist immer dann am authentischsten, je selbstverständlicher man zu Werke geht.”

Christina Mohr mit Breeders-PlatteChristina ist eine der wenigen Personen in dieser Interviewreihe, die ich NICHT persönlich kenne ;o) Wobei: Vielleicht doch, denn sie war früher genau wie ich viel im Frankfurter Nightlife unterwegs. Vermutlich sind wir uns also schon x-mal über den Weg gelaufen ohne uns zu bemerken, ts!

Auf Facebook sind wir schon länger verbandelt: Ich mag ihre Postings und ihre Pop-Texte, denn da kann ich neue Bands kennen lernen. Ihre zwei Arbeitswelten finde ich sehr spannend, denn sie hat Spaß und den Sicherheitsgedanken unter einen Hut gebracht. Sehr cool! Ich wünsche euch viel Spaß beim Lesen.

PS: Gerade habe ich erfahren, dass Christina Debbie Harry interviewt hat. DEBBIE HARRY!!!


CG: Du hast zwei berufliche Existenzen: Zum einen arbeitest du im Verlagssekretariat des Campus Verlags FFM. Und zum zweiten schreibst du seit vielen Jahren als Journalistin über Pop – zum Beispiel für Spex, Missy Magazine, Konkret, Die Anschläge, kaput-magazine.com, melodiva.de und culturmag.de. Außerdem warst du mal Redakteurin bei satt.org. Wie kriegst du das alles hin? Und wie viel Christina steckt in all diesen Jobs? 

CM: Ja, das klingt immer erstmal nach irre viel und null Freizeit – aber irgendwie passt es doch immer. Im Lauf der Jahre habe ich offenbar gelernt, abends ab 20.00 Uhr nochmal richtig loslegen zu können und Artikel für Musikmagazine zu schreiben. Beide Bereiche sind wichtig für mich: Die Verlagsarbeit als „Brotjob“, der Popjournalismus als zweites Standbein – „Hobby“ möchte ich es nicht nennen, weil das so nach Minigolf oder Briefmarkensammeln klingt. Verlagsarbeit und Journalismus sind inhaltlich und strukturell nicht allzu weit voneinander entfernt, ich muss mich also an keiner Stelle verbiegen. Wenn man so will, versuche ich the best of both worlds zu verbinden: Das „ordentliche“ Angestelltendasein im Verlag und die eher unsichere, prekäre Situation als freie Journalistin, die durchaus davon abhängig ist, Aufträge zu ergattern. Inhaltlich möchte ich auf keinen Bereich verzichten.

CG: Authentizität ist ein Modebegriff – viele Unternehmen und Selbstständige schreiben sich Echt sein auf die Fahnen. Welche Bedeutung hat Authentizität für dich und deine Arbeit?

CM: Also wenn ich mich nicht mit dem identifizieren könnte, was ich tue, könnte ich es auch nicht machen – für meinen Verlagsjob trifft das natürlich nicht immer hundertprozentig zu, aber in der Allgemeinlinie schon. Ganz klar: für einen rechtsgerichteten Verlag wie z.B. Kopp würde ich nicht arbeiten, auch nicht für die Bild-Zeitung ;-)
In meiner Journalistinnentätigkeit gönne ich mir den Luxus, auch mal was abzulehnen, aber eher aus Zeitgründen. Es kann nämlich durchaus reizvoll sein, über Künstler:innen zu schreiben, mit deren Werk man erstmal nichts anfangen kann. Aber meistens – überwiegend eigentlich – darf ich mich um Themen/Musik/Künstler:innen kümmern, die mich interessieren und die ich mag. (Aside: Verrisse machen viel Spaß, sollten aber Ausnahmen sein. Finde ich.)
Im Popjournalismus versuche ich schon, so „echt“ wie möglich zu sein – also zu meinem eigenen Stil zu finden, eine eigene Sichtweise zu vertreten und persönlich zu schreiben. Aber ich gucke immer nach links und rechts, lese Artikel anderer Journalist:innen zum Thema, einerseits um nichts zu wiederholen, andererseits auch, um mir Anregungen zu holen (pssst!). Es gibt ja Leute, die von (Pop-) Kritik Objektivität oder gar Neutralität fordern – aber das gibt es gar nicht. Eine Kritik, egal ob positiv oder negativ, ist immer subjektiv. Man sollte das eigene Urteil natürlich gut begründen können – oder zumindest leidenschaftlich, und die Leser:innen dadurch mitreißen ;-)

CG: Warum ist es so schwer für viele Menschen, individuelle Wege zu beschreiten und das zu tun, was uns wirklich ausfüllt?

CM: Bei vielen ist es das schiere Sicherheitsdenken, schätze ich – bei mir im Grunde ja auch, weil ich neben dem Spaß (also Popjournalismus) den Sicherheitsgurt Festanstellung anbehalte. Viele Menschen trauen sich nicht, sich mit einer verrückten Idee selbstständig zu machen – auch wenn die Idee vielleicht gar nicht so verrückt, sondern im Gegenteil originell und zukunftsträchtig ist.
Ganz persönlich denke ich – und folge damit auch den Ratschlägen einiger Campus-Autor:innen -, dass die Lohnarbeit, also wovon wir unsere Miete, Brötchen, Rechnungen bezahlen, nicht auch gleichzeitig mein Herzensbereich sein muss. Solange man sich nicht zur Arbeit quält, sondern im Großen und Ganzen dahinterstehen kann, ist es für mich okay, wenn es nicht meine absolute Leidenschaft ist. Für mich wäre es schwieriger, wenn von meiner journalistischen Arbeit auch mein Lebensunterhalt abhinge. Dann wäre ich nämlich gezwungen, auch solche Aufträge anzunehmen, hinter denen ich nicht stehe – und das führt über kurz oder lang dazu, dass die einstmals so enthusiastisch aufgenommene Tätigkeit mit ebenso viel Frust beladen wird wie die Lohnarbeit, von der ich mich wenigstens mental ein bisschen distanzieren kann.

CG: Welche Plattformen benutzt du, um deine Artikel zu streuen? Verwendest du dort spezielle Stilmittel? Welche Strategie verfolgst du langfristig?

CM: Ich bin hauptsächlich bei Facebook und seit kurzem auch noch auf Instagram zu finden. Hauptsächlich, weil ich diese Plattformen ästhetisch noch furchtbarer finde als FB ;-), außerdem treibe ich mich sowieso schon viel zu viel bei Facebook herum. Nicht auszudenken, wenn ich auch noch andere Plattformen bedienen müsste! Üblicherweise poste ich meine aktuellen Artikel oder weise auf Veranstaltungen hin, an denen ich beteiligt bin (kommt ja nicht allzu oft vor), meistens versehen mit einem flotten Spruch ;-)
Über Strategien habe ich mir noch nie Gedanken gemacht, das käme mir übertrieben vor. Generell: so lange es mir Spaß macht, über Musik zu schreiben, werde ich das tun – und natürlich auch dafür „trommeln“. Eine Website wie kaput-mag.com sehe ich als Community – und poste deswegen selbstverständlich auch Artikel von Kolleg:innen.

CG: Nach gängiger Definition resultiert Authentizität aus einem Sieg des Seins über den Schein. Doch für mich als Unternehmerin ist es nicht immer einfach zu entscheiden, wie weit meine Echtheit auf professioneller Ebene gehen darf. Wie erlebst du diese Auseinandersetzung? Hat Authentizität Grenzen?

CM: Ja klar. Letztlich ist jeder Job, jede Tätigkeit eine Rolle – oder wie Bernd Begemann mal sinngemäß sagte: „Es gibt keine weniger ‚natürliche‘ Situation als auf der Bühne zu stehen“. Im Idealfall füllt man die Rolle/den Job mit Freude und nicht mit Widerwillen aus… Ich denke, man ist immer dann am authentischsten, je selbstverständlicher man zu Werke geht. Schwierig finde ich, wenn man von seinem Job erwartet, dass er eine/n ganz und gar erfüllt – das ist ja nur selten möglich, und eine absolute Erwartungshaltung stresst mehr als sie nützt. In punkto Job ist ein gewisser Pragmatismus hilfreich.
Und nochmal zu meinem Facebook-„Auftritt“: die Christina Mohr dort ist ganz klar mein Avatar ;-) Ich zeige nur, was ich für zeigenswert halte, bin Presenterin, Promoterin, Litfasssäule… die private Frau Mohr tritt eher selten in Erscheinung, und auch dann passe ich gut auf, was sie so von sich gibt.

CG: Mit Authentizität gehen Begriffe einher wie ….

CM: a. Echtsein, b. Identifikation, c. Vertrauenswürdigkeit
Egal, ob es um Musik, Schönheit oder Sportberichterstattung geht – viele Menschen sehnen sich nach Authentizität resp. „Echtheit“, ohne genau sagen zu können, was sie damit eigentlich meinen. Zum Beispiel Musik: Warum gilt die Gitarre als „authentischer“ als ein Synthesizer oder gar ein Musikprogramm auf dem Computer? Alle drei sind von Menschen gemachte Maschinen zum Zweck der Klangerzeugung. Oder der „DJ-Streit“: Gilt Musik vom Stick nicht als „echtes“ Auflegen?
Authentisch ist für mich jemand, der/die hinter den Dingen steht, die er/sie vertritt. Ob für die Verbreitung dieser Dinge ein Facelifting oder Ableton (Musikprogramm) eingesetzt wird, ist für mich persönlich irrelevant.

CG: Zum Schluss ein Blick in die Kristallkugel: Mit welchen Strategien wirst du in den kommenden Jahren die Aufmerksamkeit der potenziellen Kundinnen und Kunden auf dich ziehen?

CM: Haha, das würde ich auch gern wissen! Bei mir fängt es ja schon damit an, dass ich keine Kund:innen habe, sondern glücklicherweise für ein paar Magazine schreiben und ab und zu mal laienmäßig auflegen darf. Ich wünsche mir natürlich, dass das noch eine Weile so weitergeht ;-)

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Bildquellenangabe: Christina Mohr

2 Kommentare zu „Im Interview – Christina Mohr“

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