Im Interview – Etelka Kovacs-Koller

“Ich bin einfach leidenschaftlich Mensch.” 

Etelka Kovacs-Koller PortraitEtelka ist eine von diesen Frauen, die mir im Internet zufällig über den Weg laufen – und mich von da an praktisch jeden Tag begleiten. Und das schon seit Jahren. Wir kennen uns nicht persönlich, doch wir schätzen uns sehr: Ich liebe ihre wunderschönen Bilder, von denen natürlich auch schon eins in unserer Wohnung hängt. Sie liest und kommentiert öfter mal meine politischen Postings.

Außerdem mag ich Fotos von ihr sehr gerne, denn sie sieht aus wie die sprichwörtliche Omi aus dem Bilderbuch und lächelt immer genau so: Nett, freundlich, sympathisch und unglaublich warm. Und so ist auch dieses Interview ein ganz besonderes, denn es ist fast philosophisch. Man merkt in jeder Zeile, dass Etelka sich schon sehr lange mit dem Thema Authentizität beschäftigt und ihre ganz eigene Sicht der Dinge entwickelt hat. Eines Tages werde ich bei ihr und Lars vorbei schauen und dann werden wir fachsimpeln. Versprochen ;o)


CG: Du bist Malerin und machst Live-Paintings, gibst Workshops zum Beispiel in Sachen Teambuilding und malst wunderschöne Bilder, die du direkt oder über etsy verkaufst. Zu deinen Kunden zählen große Automobilhersteller, Versicherungsunternehmen oder Global Player der Chemiebranche genau so wie zum Beispiel ich. Wie schaffst du es, so viele, extrem verschiedene Zielgruppen anzusprechen?

EKK: Ich glaube, das kommt daher, dass ich Menschen nicht in Schubladen stecke. Ich denke, dass jeder, absolut jeder Mensch Respekt verdient hat für seine Lebensleistung. Egal, ob und welche materiellen Ergebnisse er/sie vorzuweisen hat. Ich bin immer noch voller Bewunderung für unsere Spezies und sehe das Positive in der Entwicklung der Menschheit. Besonders bewundernswert finde ich, mit welchem Ideenreichtum und Erfindungsgeist wir es geschafft haben in einer Umwelt zu überleben, die für uns eigentlich nicht sehr komfortabel gewesen ist.

CG: Und woher kommt deine Energie und die Leidenschaft für das, was du tust?

EKK: Die Antwort auf diese Frage ist eigentlich die Fortsetzung dessen, was ich oben schon geschrieben habe. Ich bin einfach leidenschaftlich „Mensch“ und nutze mit allem, was ich bin und was ich kann, die Möglichkeiten, die uns gegeben sind, die Welt zu gestalten.

CG: Authentizität ist ein Modebegriff – viele Unternehmen und Selbstständige schreiben sich Echt sein auf die Fahnen. Welche Bedeutung hat Authentizität für dich und deine Arbeit?

Etelka in AktionEKK: Zunächst einmal unterscheide ich nicht zwischen dem, was ich bin und was ich tue. Meine Arbeit, das bin ich voll und ganz.
Der Begriff Authentizität gehört leider tatsächlich zu jenen, die schnell mal dahingesagt werden – ohne wirklich darüber nachzudenken, was es tatsächlich bedeutet. Es ist aber auch nicht einfach bei solchen Begriffen eine allgemein gültige Definition zu finden. Ich orientiere mich gerne an den Ursprüngen von Begriffen und wie sie in der Philosophie verwendet werden. Bei Authentizität ist es eigentlich relativ einfach: es ist das „Echte“, das „Verbriefte“, das „Original“. Und jetzt wird es dann doch schwierig, denn sobald man einen solchen Begriff für menschliche Belange anwendet, wird jeder eine andere Definition liefern können, je nach Blickwinkel.
Ich frage gerne danach, was uns Menschen im Großen und Ganzen ausmacht; wo sind wir uns alle ähnlich, welche Sehnsüchte, Ängste, Hoffnungen und Bedürfnisse verbinden uns weit über Generationen, Kulturen und anderen individuellen Unterschieden hinaus. Und dann kommt man ganz automatisch zu der Frage: Nach welchen Werten richte ich mein Leben aus? Welche Werte sind mir so wichtig, dass ich bereit bin, sie während meiner gesamten Lebenszeit zu kultivieren, zu vertreten – aber auch von meinem Umfeld einzufordern?
Sehr interessant in diesem Zusammenhang finde ich den allgemeinen Umgang mit dem Wortbild “New Work”. Es hat mittlerweile beinahe Kultstatus gewonnen und wird in allen möglichen (und unmöglichen) Zusammenhängen verwendet. Allerdings wird die fundamentale Frage, die die Basis von Frithjof Bergmann, der den Begriff New Work bereits in den 80er Jahren prägte und zum Ausgangspunkt seiner gesamten Philosophie machte, gar nicht oder höchstens beiläufig gestellt: Was ist Dir wirklich, wirklich wichtig? Dabei ist das die wirklich, wirklich wichtige Frage, wenn es um New Work geht!

CG: Warum ist es so schwer für viele Menschen, individuelle Wege zu beschreiten und das zu tun, was uns wirklich ausfüllt? 

Etelka malt mit MusikEKK: Leider sind wir Menschen ziemlich leicht zu verführen. Ob es Religionen oder Gesellschaftsformen sind, die uns mit Heilsversprechungen locken, oder die Konsumwelt, in der wir leben, macht keinen großen Unterschied. Wenn wir uns die falschen Fragen stellen, können wir nicht die richtigen Antworten erwarten. Und die Frage „Was macht mich glücklich?“ Ist per se falsch! Denn im Leben geht es nicht um dauerhaftes Glück, sondern um Entwicklung. Und wer auf die schnelle Antwort reinfällt und sich einen Glücksgewinn beim Shoppen erhofft, der wird sehr schnell enttäuscht. Das Fatale an dieser Grundhaltung ist, dass auch die Enttäuschung nicht dazu führt, sich grundsätzlicheren Fragen auszusetzen, sondern ebenfalls wegkonsumiert wird. Wobei ich Konsum nicht nur auf materielle Dinge beziehe, sondern auch auf Lebenshilfe, Spiritualität etc.
Sicherlich ist ein schneller Glücksflash angenehm, aber langfristig völlig nutzlos. Erst wenn man lernt, das „Unglück“ auszuhalten, das eintreten kann, wenn Bedürfnisse nicht sofort und perfekt befriedigt werden, wird man reifen. Und die Werte entdecken, die das Leben tatsächlich zu einem unglaublichen Abenteuer machen können.

CG: Welche Plattformen benutzt du für deinen unternehmerischen Außenauftritt? Verwendest du dort spezielle Stilmittel? Welche Strategie verfolgst du langfristig? 

EKK: Ich verwende keine bewusst gewählten Stilmittel und dennoch sind meine öffentlichen Äußerungen ebenso unverkennbar – genau wie all meine Bilder, die ich jemals gemalt habe.
Sehr wichtig ist für mich, dass ich keine Versprechungen mache, die ich nicht halten kann. Und wenn ich Floskeln verwende, dann müssen sie zumindest ein wenig tiefsinnig sein und zum Nachdenken inspirieren: “Male jedes Bild als wäre es Dein erstes und letztes!”

CG: Nach gängiger Definition resultiert Authentizität aus einem Sieg des Seins über den Schein. Doch für mich als Unternehmerin ist es nicht immer einfach zu entscheiden, wie weit meine Echtheit auf professioneller Ebene gehen darf. Wie erlebst du diese Auseinandersetzung? Hat Authentizität Grenzen?

EKK: Für mich stellt sich die Frage nicht. Und ich würde es sehr wünschen, dass sich diese Frage auch anderen Menschen nicht stellt. Wenn wir Authentizität nicht als das Zeigen von Gefühlen, Stimmungslagen etc. verstehen, können unsere Bemühungen um Echtheit gar nicht weit genug gehen. Unsere Stimmungen sind oberflächliche Erscheinungen eines permanent tätigen Gehirns, wir sollten sie nicht so ernst nehmen. Das gleiche gilt für die ständige Gedankenflut, mit der sich unser Gehirn beschäftigt.
Das wirklich Wichtige findet viele Ebenen tiefer statt und das kann und darf ich überall und immer zeigen. Das wirklich Wichtige ist eben dieser ewig suchende Mensch in mir. Das ist die Etelka, die zu den unzähligen Generationen Menschen gehört, die auf diesem ziemlich bedeutungslosen Planeten in einem unermesslich großen Universum etwas sucht, woran sie sich festhalten kann. Ich bin Teil einer einzigartigen Schicksalsgemeinschaft, die niemals aufhören wird, Fragen zu stellen. Denn wir alle wurden in dieses Leben hineingeworfen – ohne zu wissen, wo wir herkommen, wo wir hingehen und wozu wir überhaupt hier sind.

CG: Mit Authentizität gehen Begriffe einher wie ….

EKK:
Etelka malt vor Publikuma. Selbst- und Welterkenntnis
Um authentisch leben zu können, muss ich mich selbst (er-)kennenlernen. Worunter ich nicht eine Aufzählung von Eigenschaften verstehe, denn Eigenschaften kann man immer nur im Kontext verstehen. Daher können dieselben Eigenschaften völlig unterschiedliche Wirkungen entfalten.
B. Aufrichtigkeit
Aufrichtigkeit sich selbst und anderen gegenüber schafft Klarheit, entzerrt Beziehungen und ist das Fundament einer mutigen Persönlichkeitsentwicklung.
c. Vertrauen
Ohne Vertrauen kann Leben nicht gedeihen. Ich meine damit nicht unbedingt das persönliche Vertrauen zu einigen Menschen. Ich meine ein tiefes Grundvertrauen. Ich nehme an, dass alles einen Sinn hat – auch dann, wenn ich es nicht erkennen kann. Ich nehme an, dass das Universum ein guter Ort ist, an dem Gutes möglich ist. Und ich nehme an, dass all die Wissenslücken, die wir immer noch haben, besser mit Vertrauen gefüllt sind, als mit nicht belegbaren Spekulationen. Und ich nehme an, dass ich allen Menschen Vertrauen kann, zumindest solange, bis ich das Gegenteil erlebe.

CG: Was glaubst du: Warum wird Authentizität von vielen Menschen ganz besonders geschätzt?

EKK: Das „Echt sein” macht uns für uns selbst und für unsere Umwelt kalkulierbar, es schafft Vertrauen in Beziehungen der unterschiedlichsten Arten. Nicht zuletzt schafft das Zeigen/Leben unserer zutiefst menschlichen Werte eine eine Verbindung zu der Welt in der wir leben, gelebt haben und leben werden.
Außerdem sind wir ohnehin besonders sensibilisiert, wenn es darum geht zu überprüfen, ob die innere Haltung unseres Gegenübers mit seinen Äußerungen übereinstimmt. Evolutionär betrachtet war es für das Überleben ungemein wichtig, sich auf die Informationen, die uns von anderen übermittelt wurden verlassen zu können. Denn Fehlinformationen hätten ebenso gut in eine tödliche Falle führen können. Deshalb suchen wir immer noch Quellen, denen wir vertrauen können. Das ist in der Führung zum Beispiel auch sehr wichtig.

CG: Zum Schluss ein Blick in die Kristallkugel: Mit welchen Strategien wirst du in den kommenden Jahren die Aufmerksamkeit der potenziellen Kundinnen und Kunden auf dich ziehen?

Etelka bei einem WorkshopEKK: Meine Strategie war, ist und wird weiterhin sein, dass ich keine Strategie habe. Ich habe ein einziges großes Lebensziel: ich möchte so viel wie möglich von der Welt verstehen und das Verstandene an andere weiter geben. Ich möchte so viel wie möglich entdecken, malen, lernen…das ist alles. Dafür braucht man keine Strategie, nur etwas Mut, Beharrlichkeit und Neugierde. Und von all dem habe ich mehr als genug. :-)
Ich weiß, dass all das, was ich hier geschrieben habe, für manche Ohren zu denklastig klingt. Es ist aber eigentlich sehr einfach. Wenn ich die Frage stelle: “Möchtest Du, dass sich alle Menschen gegenseitig respektvoll und fair behandeln?”- ist die Antwort immer “JA!” Und darum geht es. Um nicht mehr, aber auch im keinen Fall um weniger. Und wenn man diesen Wunsch an die Welt richtet, sollte man einfach selbst damit anfangen. Denn auch wenn sich die Welt vermutlich nicht dafür interessiert, nach welchen Regeln ich mein Leben lebe, ich weiß es. Und es gibt mir einen festen Orientierungsrahmen, auf den ich mich immer verlassen kann.
Es sollte in jedem Leben darum gehen, nach dem Wahren, nach dem Echten, nach der letzten Wirklichkeit zu suchen und darauf zu Vertrauen, dass es in einer Tiefe, die wir vielleicht niemals erreichen können, einen Sinn und ein Ziel gibt. Wir werden geboren, gehen durch das Leben, erleben Liebe, Leid, Ängste und Hoffnungen, begraben unsere Eltern und andere geliebte Menschen und werden eines Tages selbst von geliebten Menschen betrauert. All das kann nicht von einer Sekunde auf die andere einfach verpuffen. Daran kann ich nicht glauben und will es auch nicht, denn dann wäre dieses Universum tatsächlich nur ein kalter Ort, in dem sich zufällig Leben formieren kann oder auch nicht.

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Bildquellenangabe: Etelka Kovacs-Koller

3 Kommentare zu „Im Interview – Etelka Kovacs-Koller“

  1. Ach danke, ihr beiden!

    Das Lesen dieses Interviews fühlt sich für mich an wie ein echtes Weihnachtsgeschenk. Kein Wort zu viel, keins zu wenig und alle so durchdacht, so richtig. Als ich zu Ende gelesen hatte, war ich nicht weit von einem Wackeldackel entfernt. Aber das bin ich in diesem Fall ausgesprochen gern ….

    Danke, danke, danke!

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