Im Interview – Lilian Kura

“Authentizität bedeutet für mich Freiheit!”

Lilian Kura auf einer KräuterwanderungLilian kenne ich aus dem Texttreff, dem absolut allerbesten Netzwerk der Welt. Sie ist eine originelle Person, die ganz viel Herz hat und sich engagiert.  Und ihr manchmal ziemlich derber Humor macht auch nicht vor ihrer eigenen Person halt! Noch dazu ist sie streitbar und scheut sich nicht, auch mal unangenehme Dinge anzusprechen. Und wir haben die gleichen Blümchenstiefel! Kein Wunder also, dass ich sie mag ;o)

Aus der Ferne bewundere ich ihr Wissen rund um Kräuter, die in meiner Großstadt-Welt eigentlich nur nerviges Unkraut sind. Sie macht daraus Salate oder behandelt damit Kopf- und Bauchweh, während ich bei Aua lieber zur Tablette greife. Vielleicht sollte ich stattdessen mal lieber die Kräuterhexe Lilian konsultieren? Ich muss nachdenken …

Lilian, danke für deine Antworten, die spannend sind und Spaß machen beim Lesen ;o)


CG: Du bist Texterin und Lektorin – und präsentierst dich in den Sozialen Netzwerken offen, politisch und manchmal ziemlich wütend. Dabei bist du fast immer ziemlich witzig und nimmst dich gerne auch mal selbst auf die Schippe ;-) Was denkst du, wie beeinflusst dieser spezielle Außenauftritt deine Neukunden-Akquise?

LK: Diese Unverblümtheit hat für mich ausschließlich Vorteile, weil ich nämlich am besten und schnellsten arbeite, wenn ein Job bzw. ein Thema meinem Wesen entspricht. Wer in den Sozialen Netzwerken über mich als Texterin stolpert, weiß also direkt, auf welchen Stil und welchen Menschen er sich einlässt. Dass ich obendrein gern und viel über meine großen Leidenschaften Medizin und Phytotherapie plaudere, öffnet mir seit einigen Jahren genau den Kundenkreis, den ich immer wollte. Eines meiner Lieblingsprojekte etwa ist das monatliche Heilpflanzenporträt für eine Apotheken-Website, das läuft nun schon seit mehreren Jahren. Über die Wege, auf denen ich voll „frei Schnauze“ bin, kommen deshalb fast nur Aufträge auf den Tisch, die absolut zu mir passen. Ich träume ja davon, dass irgendwann die Anfrage für eine regelmäßige Kolumne zu einem Herzensthema hereinflattert, bei der ich ganz genau so drauflos schreiben darf, wie ich bin.
Disclaimer: Natürlich bediene ich auch trockenere und völlig unmedizinische Textgenres und das sogar ziemlich gut – aber die machen halt nicht ganz sooo viel Spaß wie die anderen. ;-) Folglich kommen solche Themen eher anderswie zu mir, etwa über Empfehlungen, Einträge in Datenbanken, mein fantastisches Netzwerk Texttreff oder XING.

CG: Authentizität ist ein Modebegriff – viele Unternehmen und Selbstständige schreiben sich Echtsein auf die Fahnen. Welche Bedeutung hat Authentizität für dich und deine Arbeit?

LK: Eine sehr große. Es ist doch ein Naturgesetz, dass man ohne große Beschränkungen am freiesten agieren kann und die besten Ergebnisse erzielt. Und Authentizität bedeutet für mich Freiheit! Ich ziehe ja auch nicht zum Yoga eine knackig enge Jeans an. In kreativen Berufen wie unserem gilt das umso mehr. Der Geist muss herumschweifen können, um sich zu entfalten.

CG: Was glaubst du: Warum wird Authentizität von vielen Menschen ganz besonders geschätzt?

LK: Nimmt man einem Menschen das ab, wie er sich präsentiert, gibt einem das Sicherheit. Man muss nicht stetig auf der Hut sein. Wenn ich sehe, da ist jemand, der hat genau wie ich Ecken und Kanten, Stärken und Schwächen, dann fühle ich mich neben ihm nicht klein und doof. So etwas verändert wohltuend das komplette Grundsetting; es schafft Augenhöhe.
Und außerdem gilt ja immer und überall das Gesetz der Resonanz: Wenn mein Gegenüber vor mir augenscheinlich keine Geheimnisse hat, kann auch ich mich öffnen. Deshalb ist Authentizität extrem entspannend für alle.

CG: Warum ist es gleichzeitig so schwer für viele Menschen, individuelle Wege zu beschreiten und das zu tun, was uns wirklich ausfüllt?

LK: Weil es nicht selbstverständlich ist. Von klein auf wachsen wir in Regeln, Gesetze und Erwartungen anderer hinein. Vielen geht dabei das komplette „Ich“ verloren. Jedes Tun und Lassen wird erst mal abgecheckt, bevor es an die Öffentlichkeit darf: Ist es okay? Wird man mich deswegen schief anschauen? Werde ich damit dem Bild, das die Leute von mir haben, gerecht?
Wie anstrengend – und wie kontraproduktiv! Auf diese Weise wachsen ganze Generationen von unzufriedenen Schema-X-Menschen heran, von denen kaum einer mit echter Freude seinen Job macht. Irgendwo habe ich mal das Zitat gelesen „Ich will so arbeiten, dass ich davon keinen Urlaub brauche“. Das unterschreibe ich inbrünstig … und bin überzeugt, dass das nur geht, wenn man nah bei sich, also authentisch bleibt.

CG: Nach gängiger Definition resultiert Authentizität aus einem Sieg des Seins über den Schein. Doch für mich als Unternehmerin ist es nicht immer einfach zu entscheiden, wie weit meine Echtheit auf professioneller Ebene gehen darf. Wie erlebst du diese Auseinandersetzung? Hat deine Authentizität Grenzen?

LK: Natürlich. Meine Kundinnen und Kunden dürfen einiges über mich wissen, aber nicht alles. Das hat ganz grundlegend mit Professionalität zu tun.
Mit was ich allerdings null hinterm Berg halte, ist meine grundlegend humanistische und grüne Weltanschauung – wer damit nicht einverstanden ist, darf auch dann gern wegbleiben, wenn er mit dicken Geldbündeln winkt. Die (lukrative!) Anfrage eines großen Atomstromanbieters etwa habe ich abgelehnt und auch nicht im Kolleginnenkreis weitergeleitet. Viele Jahre davor hatte ich einmal, tatsächlich nur um meine Schmerzgrenze auszutesten, VoiceOver-Texte für den Imagefilm eines Schweinemastbetriebs geschrieben. Die sind richtig gut geworden, aber danach fühlte ich mich so schmutzig, dass ich in Salzsäure hätte baden mögen. Nie wieder, ey.

CG: Mit Authentizität gehen Begriffe einher wie ….

Lilian Kura Portrait Lorem IpsumLK:
a. Ehrlichkeit. Sprechen wir es mal ehrlich *höhö* aus: Aufgesetzte Authentizität ist für’n Arsch. Da kann man es doch gleich sein lassen. Trotzdem fahren manche die Nummer, weil es eben hip ist. Ich finde allerdings, dass man Pseudo-Authentiker recht schnell erkennt, und dann wird es peinlich. Greenwashing gehört für mich auch in diese Kategorie.
b. unbequem: Wer wirklich authentisch unterwegs sein möchte (siehe a.), begibt sich immer in die Gefahr, für andere unbequem zu sein. Klar: Bei denen, deren Raster ich nicht willentlich bediene, falle ich durch. Mir persönlich ist das aber egal bzw. sogar ganz recht.
c. Verletzbarkeit: Mit echter Authentizität macht man sich immer ein Stück weit verletzbar. Denn wenn ich viel von mir zeige, biete ich eine größere Angriffsfläche als jemand, der nur seine Schokoladenseite präsentiert. Es ist gut, wenn man sich für solche Situationen im Voraus die richtige Reaktion überlegt – und zwar eine, die zu einem passt.
In meinem Fall mag man es namentlich der @Textzicke vielleicht nicht abnehmen, aber ich verabscheue Streit. Mit der Methode der Gewaltfreien/Wertschätzenden Kommunikation nach Marshall Rosenberg (GfK) habe ich ein wunderbares Werkzeug gefunden, Angreifern im Gespräch sehr schnell den Wind aus den Segeln zu nehmen und vor allem maximal gut bei mir zu bleiben. Und dieses „bei mir“, das ist eben eine friedliebende Lilian, die immer auch schaut, welche Beweggründe die anderen wohl haben mögen. Ich kann nur jedem empfehlen, sich mit GfK zu beschäftigen. Das hat mein Leben total verändert, privat wie beruflich.

CG: Welche Plattformen benutzt du für deinen unternehmerischen Außenauftritt? Verwendest du dort noch weitere spezielle Stilmittel?

LK: Ich habe eine absolut grauenhafte und unaktuelle Website und ein leider relativ stiefmütterlich behandeltes Blog (beide werden demnächst ganz neu gemacht, ich schwör!) sowie einen wenig enthusiastisch gepflegten Auftritt bei XING. Da mir die uralte Website so peinlich ist, verschicke ich an Interessenten zumeist thematisch passende Arbeitsproben per Mail und verweise als „Stilprobe“ zusätzlich aufs Blog. Das Textzicken-Blog spiegelt nämlich glasklar mich wider – es ist meine Spielwiese, meine Meinungsplattform, mein Sammelordner für Bemerkenswertes.
Ja, und dann natürlich Texttreff, Twitter und Facebook. Alle drei ohne klare Grenze zwischen beruflich und privat, weil ich eben so bin. Und was soll ich sagen: Mindestens die Hälfte bis zwei Drittel meiner Jobs kommen inzwischen direkt oder indirekt über diese Kanäle. Authentizität rockt offensichtlich sehr!
Stilmittel? Joah, naja. Auf Twitter habe ich z. B. die Hashtags #Freelancerfreuden & #Freelancerleid, #Texterfreuden & #Texterleid sowie #Lektorenfreuden & #Lektorenleid geprägt. Was ich darunter jeweils berichte, kann man sich ja vorstellen. Und es gibt einen Twitter-Zweitaccount namens @Vertippt. Dort poste ich apselut echt passierte (!) Vertipper und Verleser, die mir ständig so passieren, aber das glaubt mir ja eh wieder kein Mensch. ;-)

CG: Zum Schluss ein Blick in die Kristallkugel: Welche unternehmerischen Strategien werden in den nächsten Jahren Interesse wecken – und zum Beispiel aus interessierten Menschen Kund*innen machen?

LK: Ich glaube, Kundinnen und Kunden wollen zunehmend ernst genommen werden – zu Recht! Natürlich wird es immer die Unkritischen geben, die irgendwelchen auf YouTube oder Instagram herumkreischenden „Influencern“ nur zu gern jeden Mist abkaufen. Aber das Gros der Verbraucher hat heute, glaube ich, ziemlich genaue Vorstellungen von den eigenen Wünschen und ist gut informiert. Dieses Bedürfnis kann und sollte man bedienen. Und dazu ist authentisches Marketing ein fantastisches Mittel.

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Bildquellenangabe: Lilian Kura

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