Social Skills und Social Media

Social Media kann jeder! Ach, nee, da war noch was …

Tintenfisch“Social Media ist doch voll easy: Ein paar Posts in die Sozialen Netzwerke, hier ein kleiner Kommentar, da ein Like und etwas teilen – und schon folgen mir hunderte wenn nicht sogar tausende Menschen und saugen wissbegierig meine Postings und Tweets auf. Und dann werde ich reich und berühmt! Jawohohl!”

Zugegeben, das war nun gerade sehr überspitzt dargestellt. Aber ich mir sicher, dass Menschen, die wie ich in Social Media arbeiten, schon öfter mal ähnliche Kommentare gehört haben. Und manchmal gucken mich Leute auch einfach nur ganz merkwürdig an, wenn ich sage, dass ich zum Beispiel auf Facebook arbeite – schließlich ist der blaue Riese für die allermeisten Menschen reines Privatvergnügen. Ich gebe zu: Ja, Social Media ist für mich auch Privatvergnügen. Aber eben auch Job. Ein stressiger, fordernder Job, in dem ich manchmal gerne ein Tintenfisch wäre, um mit meinen vielen Armen noch mehr Dinge gleichzeitig erledigen zu können. Ein knallharter Job, der mich durchaus mal an die Grenzen dessen bringen kann, was ich als Mensch ertragen kann: Zum Beispiel dann, wenn ich den drölfzigsten, kackbraunen Idioten-Kommentar lesen muss, in dem die Rede davon ist, dass man (!) sich statt um Flüchtlinge doch lieber um die Millionen (!) hungernden deutschen Kinder kümmern sollte. Wenn ich sexistische Dumpfbackentypen-Kommentare unter Frauenfotos lesen muss, in denen diese Frauen auf übelste Art und Weise beleidigt und herabgewürdigt werden. Oder wenn Leute unreflektiert die dämlichsten Verschwörerlinks ins Soziale Netz kippen und, auf die Lügen angesprochen, was von “freier Meinungsäußerung” faseln. Das sind die Momente, in denen ich lieber Einsiedlerin mit Selbstversorger-Bauernhof wäre. Natürlich ohne Internetzugang. Ehrlich.

Doch glücklicherweise sind diese Momente selten: Die meiste Zeit finde ich, dass Social Media-Management ein ziemlich geiler, famoser Teil meines Jobs ist! Eines Jobs, der auf der einen Seite ganz viel Fachwissen und Lust am Lernen erfordert – schließlich ist in Social Media vieles, was wir heute total knorke finden, morgen schon oller Käse. Und auf der anderen Seite brauchen Social Media-Menschen auch besondere Social Skills, um diesen Job gut zu machen UND mit Leidenschaft. Ich zähle mal ein paar auf, die meiner Meinung nach wichtig sind:

1. Zuverlässigkeit – Dinge sicher erledigen.

VertrauenEine von diesen Skills, die ich eigentlich für selbstverständlich halte, die es aber leider nicht sind. Ich weiß leider zu genau, dass ein fixer Termin wie “kommenden Donnerstag um 10 Uhr” nicht überall gleich verstanden wird: Die einen meinen, dass 9 Uhr oder 11 Uhr auch irgendwie 10 Uhr sind, die nächsten finden Freitag 10 Uhr auch total okay und die dritten halten gar nichts von solchen konkreten Verabredungen, die Arbeit erledigt sich dann eben irgendwann. Diese Art von Arbeitsauffassung sollten sich SoMe-Arbeitsbienen besser nicht leisten: Schließlich ist der Ruf unserer Kunden direkt von unserer Arbeit abhängig. Wir müssen stets hellwach agieren und reagieren, ganz im Sinne unserer Auftraggeber.

2. Persönlichkeit – fest dahinter stehen.

Die Zeiten, in denen sich Einzelunternehmer wie ich mit “Wir” angepriesen haben, um größer zu erscheinen, sind schon lange vorbei. Und auch in größeren Unternehmen setzt langsam ein Umdenken ein: Mitarbeiter werden zu “Markenbotschaftern”, die dem Unternehmen ein Gesicht und eine Stimme geben. Ich finde diese Entwicklung toll! Das bedeutet aber auch, dass wir Öffentlichkeitsarbeiter mit unserer Person für das Unternehmen stehen – mit allen Konsequenzen. So manch einer scheut sich, überhaupt ein Foto von sich im Internet zu platzieren … diese Menschen wären in einem Social Media-Job definitiv an der falschen Stelle. Hier sind echte Personen gefragt, die voll hinter dem stehen, was sie tun.

3. Geduld – einatmen, ausatmen, Ommmmmmm …

GeduldGrmpf, Geduld ist nicht meine Kernkompetenz – ich bin eher der ungeduldige Typ ;-) In Social Media muss ich mich oft zwingen, geduldiger zu sein und zum Beispiel Dinge auch 4 oder 5 mal erklären. Manchmal stelle ich dann auch fest, dass ich selbst nicht präzise genug getippt und deshalb ein Missverständnis selbst verschuldet habe – mein Job ist also auch eine gute Lehreinheit für mich. Gerade im Internet treffen so viele verschiedene Menschen aufeinander, da können auch mal ein paar Exemplare darunter sein, die mir persönlich gar nicht liegen – auch da bin ich freundlich, verbindlich und natürlich auch geduldig. Eben ganz Social Media-Profi, auch wenn es mir manchmal in diesem Punkt schwer fällt.

4. Flexibilität – ganz fix umdenken.

Erstens kommt es anders, zweitens als man denkt: Diesen Spruch könnte sich jeder Social Media-Manager direkt über den Schreibtisch hängen. Schließlich sind wir direkt abhängig vom Tagesgeschehen in unserem Unternehmen UND sogar oft von dem in der restlichen Welt. Kaum kocht ein bestimmtes Thema hoch, häufen sich die Anfragen oder Kommentare, die zu diesem Themenbereich passen. Der Tagesplan ist dann oft hinfällig, denn in Social Media sind schnelle Reaktionszeiten unbedingt einzuhalten: Statt uns um die Auswertung der letzten Kampagne zu kümmern, recherchieren wir Ansprechpartner, sammeln Informationen und beantworten Fragen. So ist das im Leben eines Social Media-Schaffenden. ;-)

5. Empathie – tief hinein denken.

Wie alle Öffentlichkeitsarbeiter müssen auch Social Media-Experten ein gutes Gespür für andere Menschen haben und empfänglich für Zwischentöne in der Kommunikation sein. Verschärfend kommt noch hinzu, dass wir im Web ja bekanntlich fast immer ohne Ton und ohne Mimik kommunizieren – meine viel geliebten Emojis wie ;-) sind doch nur ein dürftiger Ersatz für ein echtes Face-to-Face-Gespräch. Wir sollten also genau hinhören, beobachten und hineinspüren, damit wir angemessen handeln und reagieren können. Außerdem müssen wir unsere Zielgruppe(n) sehr genau kennen und unsere Inhalte und deren sprachliche Aufbereitung möglichst genau anpassen an die Wünsche, Vorstellungen und Bedürfnisse.

6. Kreativität – anders denken.

KreativitätUm wirklich interessante oder faszinierende Inhalte mit hoher Interaktionsrate zu schaffen, muss ein Social Media-Manager kreativ sein: Gibt es lustige Wortspiele, die die Klickraten erhöhen? Welche Frage könnte man den Fans oder Followern stellen im Zusammenhang mit dem Content? Gibt es noch weitere Möglichkeiten, einen Inhalt so spannend zu gestalten, dass er häufiger geklickt wird? Direkt verbunden mit dieser Kreativität ist immer der Mut, denn wir müssen Dinge via “Try and Error” ausprobieren und dürfen uns nicht scheuen, auch mal einen Rückschlag hinzunehmen – denn nur so kommen wir weiter. Es gibt zwar gute Best-Practise-Beispiele, aber jede Fanpage oder jeder Twitterkanal ist individuell.

Und dann ist da noch ganz viel mehr!

Wichtig: Diese Liste erhebt aber keinen Anspruch auf Vollständigkeit – sie soll lediglich einen ersten Eindruck verschaffen, welche Soft Skills für Social Media nötig sind. Und zwar ganz gleich, ob ich als Festangestellte in einem großen Unternehmen Social Media mache, als Freiberuflerin Social Media-Kanäle meiner Kunden betreue oder als Unternehmer meine eigenen Social Media-Kanäle selbst pflege.

Meiner Meinung nach kommen noch weitere Eigenschaften dazu: zum Beispiel Ehrlichkeit, denn im Internet ist vieles transparent und deswegen können schöne Reden oder gar Lügen ganz schnell nach hinten losgehen. Social Media-Menschen müssen sich auch gut selbst organisieren können, denn sonst gehen sie gnadenlos unter in einem Arbeitsalltag, der sich sekündlich ändern kann und das auch tut. Außerdem fällt mir auf, dass die Hälfte meiner Punkte mit DENKEN zu tun haben – und das ist es wohl, was meiner Meinung nach einen Social-Media-Menschen hauptsächlich ausmacht: Diese Leute denken mit, denken um Ecken, sind flexibel und haben einfach Lust darauf, sich auf andere Menschen einzulassen und ihren Kopf einzusetzen. Diese Lust ist auch notwendig, um in diesem Bereich up to date zu bleiben – schließlich gibt es täglich wichtige Neuigkeiten und Entwicklungen, die zu verschlafen sich niemand leisten kann, der in oder mit Social Media arbeitet.

Was denken Sie: Welche Social Skills sind noch wichtig für Social Media-Schaffende? Ich freue mich auf Ihre Antworten und die Begründungen!

Bildquelle: Pixabay

Christa GoedeDie Autorin Christa Goede steckt viel Herzblut und noch mehr Expertenwissen in digitale Unternehmensauftritte: Mit individuellen Texten und Konzepten gestaltet sie Websites und Social Media-Auftritte authentisch. Ihre Erfahrung und ihr Wissen als Texterin, Konzepterin, Social Media-Managerin und Bloggerin teilt sie hier im Blog oder live in Workshops und Vorträgen.
Tel.: +49 (0) 160 – 94 44 19 34, E-Mail: mail@christagoede.de


5 Kommentare zu „Social Skills und Social Media“

  1. Liebe Christa,

    du sprichst mir aus der Seele. Meiner Meinung nach, sollte “der” Social-Media-Mensch auch einen gewissen professionellen Abstand haben. Also nicht alles gleich persönlich nehmen und trotz Schnelligkeit, mal eine Antwort überschlafen.
    Ich entscheide, wann und ob ich mich auf die “Spielwiese” begebe.

    Liebe Grüße Malu

    1. Liebe Malu,

      ja, der Abstand ist wichtig! Ich schreibe manchmal erboste Postings und schicke sie dann nicht ab – 2 Stunden später sieht die Welt nämlich wieder viel freundlicher aus. Und damit dann auch mein späteres Posting ;o))

      Liebe Grüße sendet Christa

  2. – Humor.
    Humor ist ganz besonders wichtig. ;)

    Sehr oft vergeht mir aber das Lachen, wenn die immer gleiche Scheixxe zum drölfzigsten Mal über meine Timeline schwappt und jeglicher sachliche Kommentar mich Don Quichotte ein Stückchen näher bringt.

    – ein dickes Fell
    Oh ja, oder eine dicke Schwarte. Die ist ganz besonders wichtig, damit Anfeindungen, Intrigen und Geklüngel geschmeidig den Buckel runterrutschen können.

    – richtig Lesen
    Zum richtigen Zeitpunkt die richtigen Beiträge lesen und vor allem erst mal finden.

    Danke. :)

    Liebe Grüße, Claudia

    1. Ja, der Humor ist ziemlich wichtig – sonst könnte man zeitweise an dem einen oder anderen Zeitgenossen verzweifeln ;o))
      Das dicke Fell und das Lesen mit Abstand sind auch wichtig … ich tippe manchmal Antworten, die ich dann doch nicht abschicke. Dann bin ich meine Wut los und kann im zweiten Wurf eine distanzierte Antwort schreiben.
      Danke für deine Ergänzungen!

      Liebe Grüße sendet
      Christa

  3. Pingback: Warum sind Referenzen so wichtig? – Christa Goede

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